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Dr. Alfons Gorbach

Ehrenbürger der Stadt Graz, verstorben am 31. Juli 1972

Gemeinderatsbeschluss am 16. März 1972, Festsitzung am 28. Juni 1972

Zur Person

„Am 2. September 1898 in Imst (Tirol) als ältestes von sechs Kindern eines Eisenbahners geboren absolvierte er das Fürsterzbischöfliche Gymnasium in Graz und rückte 1916 als Achtzehnjähriger in den Krieg ein. In der zwölften Isonzoschlacht 1917 schwer verwundet (er verlor ein Bein), holte er während seiner langwierigen Genesung die Matura nach und begann zu Ende des Krieges in Graz Rechtswissenschaften zu studieren. Während dieser Zeit trat er dem CV (‚Carolina') bei. 1922 wurde er zum Dr. jur. promoviert. Ab diesem Jahr in der Invalidenentschädigungskommission in Graz tätig, war er von 1929 bis 1932 Mitglied des Grazer Gemeinderates, ab 1932 des Stadtschulrates (bis 1937). 1933 ernannte ihn Dollfuß zum Landesführer der Vaterländischen Front Steiermark (bis 1938). Ab 1935 Mitglied des Landtags, ab 1937 auch der steirischen Landesregierung, kämpfte Gorbach vor allem als Landesführer der Vaterländischen Front unerbittlich gegen den immer stärker aufkeimenden politischen Ungeist des Nationalsozialismus. Graz avancierte in den 30er Jahren zu einer Hochburg des Nationalsozialismus und wurde nach dem Berchtesgadener Abkommen zur ‚Stadt der Volkserhebung', in der nationalsozialistische Massendemonstrationen die Landes und Bundesregierung immer mehr unter Druck setzten. Bei seinem Kampf ging Gorbach in seiner Wortwahl nicht immer zimperlich vor. Am 21. Februar 1938 organisierte er in Reaktion auf einen nationalsozialistischen Aufmarsch eine Großkundgebung der Vaterländischen Front. Seine scharfe Rede beantworteten die Nationalsozialisten mit einer Großveranstaltung und der Forderung nach dem Rücktritt Gorbachs. Den Höhepunkt der Auseinandersetzungen bildete schließlich die Veranstaltung des 27. Februar 1938, in der Gorbach neuerlich scharf gegen die Nationalsozialisten und für ein unabhängiges Österreich auftrat. Diese Großkundgebung wurde auch von zahlreichen illegalen Arbeiterführern unterstützt. Noch am selben Tag jedoch wurde Gorbach auf Drängen Seyß-Inquarts von Bundeskanzler Schuschnigg als Landesführer der austrofaschistischen Einheitspartei abgelöst. Nach dem ‚Anschluss' des Jahres 1938 wurde Gorbach von den Nationalsozialisten sofort verhaftet. Mehr als fünf lange Jahre verbrachte Gorbach in den Konzentrationslagern des neuen Regimes (Dachau, Flossenbürg, 1938-1942 und Juli 1944 bis Kriegsende). Bereits bei den Novemberwahlen 1945 Listenführer der neu gegründeten ÖVP im Wahlkreis Graz, war er von 1946 bis 1965 - nicht ohne Spannungen mit Landeshauptmann Josef Krainer sen. - Landesparteiobmann der Steirischen Volkspartei, von 1945 bis 1970 Abgeordneter zum Nationalrat und von 1945 bis 1953 sowie von 1956 bis 1961 in jeweils zwei Gesetzgebungsperioden dessen Dritter Präsident. 1960 wurde er auf Veranlassung Julius Raabs zum Bundesparteiobmann seiner Partei gewählt; in der Folge sollten mit seinem neuen Generalsekretär Hermann Withalm, einem Gegner der großen Koalition zwischen ÖVP und SPÖ, sehr bald tiefe Differenzen entstehen; hinzu kamen noch innenpolitische Krisen (Habsburg-und Olahkrise). Von 1961 bis 1964 Bundeskanzler in zwei Kabinetten, unterlag er nach den schwierigen Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ 1962/1963 auf dem Parteitag von Klagenfurt 1963 dem reformerischen Flügel der Partei unter Dr. Josef Klaus, der Gorbach als Bundesparteiobmann und 1964 als Bundeskanzler ablöste; zuvor war es zum berühmten symbolischen Handschlag zwischen Gorbach und dem Parteivorsitzenden der SPÖ und Vizekanzler Bruno Pittermann gekommen, als man gemeinsam der Toten des Bürgerkrieges des Februar 1934 gedachte. 1965 unterlag Gorbach bei den Bundespräsidentenwahlen nur knapp Franz Jonas. Eigenständige politische Akzente setzte Gorbach, indem er Bundesländerpolitiker seiner Partei wie Josef Klaus und Karl Schleinzer in Bundesfunktionen holte (Finanz- bzw. Verteidigungsminister). Gorbach, der gegenüber dem allmächtigen Koalitionsausschuss von ÖVP und SPÖ eine Aufwertung des Parlaments erreichte (auch um den Einfluss von Raab und Olah zurückzudrängen), ist die Einführung der Fragestunde im Parlament zu verdanken. Gorbach, eine der markantesten Persönlichkeiten unter den Konsenspolitikern der Gründergeneration der Zweiten Republik, blieb bis zum Ende der ÖVP-Alleinregierung 1970 Angehöriger des Nationalrates. Seine Politik galt der Zusammenarbeit der beiden Großparteien zur Überwindung der Gräben der Vergangenheit und einer Versöhnung gegenüber bzw. Eingliederung der ehemaligen - minderbelasteten - Nationalsozialisten. Alfons Gorbach, dessen ‚Gedanken zur Politik‘ 1961 erschienen, verschied am 31. Juli 1972 in Graz. Dem Ehrenbürger der Stadt Graz (1972) errichtete die (von Gorbach 1920 gegründete) katholische Studentenverbindung Babenberg-Graz im Jahr 1980 auf dem Karmeliterplatz ein Denkmal (Bronzebüste auf drei Stützen, Entwurf von Erwin Huber)." (REISMANN/MITTERMÜLLER 2003, S. 162f)

Literatur:

REISMANN Bernhard A./MITTERMÜLLER Franz, Stadtlexikon (= Geschichte der Stadt Graz 4). Graz 2003.

(textierter Endbericht der ExpertInnenkommission für Straßennamen vom 24. November 2017)

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