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Schwammstadt Graz

Mit dem Schwammstadt-Prinzip zur Klimawandel-resilienten Stadt!

Stockholmsystem
Stockholmsystem© Grafik Gernot Passath

Das Schwammstadt-Prinzip anzuwenden, bedeutet den Stadtraum neu zu denken, zu planen und (um) zu bauen - nämlich konsequent mit grün-blauer Infrastruktur

  • Regenwasser an Ort und Stelle direkt zu versickern
  • durch die Anwendung von Pflanzenkohle, Kohlenstoff dauerhaft im Boden zu binden (Kohlenstoffsenke)
  • und mit der Bauweise „Stockholm System" den Bäumen einen optimalen unterirdischen Lebensraum zu schaffen.

Dafür bedarf es neuer Prozesse, Produkte und Bauweisen, welche im Rahmen des Maßnahmenprogramms Grazer Stadtbaum 2020-2022 in Kooperation mit anderen Abteilungen im Haus Graz sowie externen nationalen und internationalen PartnerInnen entwickelt und erprobt werden.

Wasser vor Ort halten und damit Orte vor Hochwasser schützen

Mit dem Schwammstadt-Prinzip werden Oberflächenwässer, also Regen oder Schnee vor Ort versickert und zwar da wo sie anfallen. Das kann direkt in Grünflächen, Staudenbeeten, Baumscheiben oder auch in versickerungsoffenen Gehwegen, Platz- oder Parkierungsflächen erfolgen. Verschmutzte Straßenwässer werden erst mit speziellen Filtersubstraten oder technischen Filtern vorgereinigt. Wo Oberflächen versiegelt sind, weil sie stark frequentiert sind oder als Verkehrsfläche zum Beispiel für Radwege oder dem öffentlichen Verkehr dienen, werden die Wässer über Sickerschächte in unterirdische Schotterschichten geleitet. Dort steht das Wasser den Wurzeln der Bäume und anderen Pflanzen direkt zur Verfügung, schützt sie vor dem Austrocknen und ermöglicht ihnen durch Verdunstung über ihre Blätter unsere Umgebung zu kühlen - wie eine natürliche Klimaanlage. Überschüssiges Wasser versickert in tiefere Bodenschichten und reichert damit das Grundwasser an.

Das bedeutet, dass das Wasser nicht in den Kanal gelangt und folglich auch nicht die Kläranlage belastet. Auch Überflutungen infolge von Starkregenereignissen können durch die flächendeckende Anwendung des Schwammstadt-Prinzips vermindert werden.

Ist ausreichend Platz vorhanden, können sogar Dachwässer von angrenzenden Gebäuden versickert werden. Dies ist insbesondere in der gründerzeitlichen Altstadt und Gebieten mit älteren Gebäuden von Bedeutung, während im Neubau die Versickerung auf Privatgrund bereits vorgeschrieben ist. Erstmals angewandt und untersucht wird dies im Rahmen des im Herbst 2021 fertiggestellten Pilotprojektes MUFUWU - Multifunktionaler Wurzelraum am Leonhardgürtel in Graz.

Wasserkreislauf im StockholmsystemBaumschatten und Verdunstungskühlung schaffen AufenthaltsqualitätKohlenstoffkreislauf im StockholmsystemSchwammstadt - Kreisläufe werden im Stockholmsystem geschlossen

Stockholm-System: zukunftsfähige Baumstandorte

Mit dem Stockholm-System kommt ein in Schweden entwickeltes System seit 2017 auch in Graz zur Anwendung. Dabei wird den Bäumen im Untergrund ein großzügiger und stabiler Wurzelraum aus Steinen und Pflanzenkohlesubstrat aufgebaut. Der Wurzelraum einzelner Bäume oder Baumgruppen wird unterirdisch verbunden. Dadurch sind die Bäume, nach dem Vorbild des Waldes unterirdisch miteinander vernetzt und stehen somit in ständigem Austausch von Nährstoffen, Mineralien und Mikroorganismen.

In Graz wurde das Stockholmsystem bereits bei mehreren Projekten umgesetzt, zum Beispiel in der Eggenberger-Allee, am Kaiser-Josef-Platz, vorm Grazer Lendhotel, in der Köflachergasse, in der Leonhardstraße und in der Waagner-Biro-Straße.

Um mehr über die Leistungen und Wechselwirkungen des Stockholmsystems zu erfahren wurde am Leonhardgürtel im Herbst 2021 ein einzigartiges Pilotprojekt fertiggestellt, das im Auftrag der Abteilung Grünraum und Gewässer mithilfe von Forschungsförderungsgeldern der FFG unter dem Titel "MUFUWU-Multifunktionaler Wurzelraum" umfassend wissenschaftlich begleitet wird.

Schon heute kann man aber auch selbst im wahrsten Sinne des Wortes "Hand anlegen" und beispielsweise in der Leonhardstraße oder am Kaiser-Josef-Platz den Zuwachs der Baumstämme im Stockholmsystem mit den herkömmlich gepflanzten Bäumen derselben Art vergleichen - der größere Stammumfang ist schon nach drei Jahren deutlich und beträgt mehrere Zentimeter. Auch die Blattfarbe und Kronendichte sowie der jährliche Zuwachs sind bei den Bäumen im Stockholmsystem deutlich intensiver und das allgemeine Erscheinungsbild vitaler als das ihrer Kollegen.

vergleichsweise größere Stammdurchmesser

Kohlenstoff-Senke Grazer Stadtbaum

Pflanzenkohle
Pflanzenkohle© Moritz Wehr

Pflanzenkohle hat eine extrem poröse Struktur und große Oberfläche. Sie kann Schadstoffe binden und langfristig Wasser, Luft und Nährstoffe halten und den Wurzeln bereit stellen. Pflanzenkohlesubstrate sorgen damit für eine optimale Versorgung und Vitalität der Pflanzen. Außerdem wird damit Kohlenstoff effektiv und langfristig im Boden gebunden und kann somit nicht in die Atmosphäre gelangen. Auch die Bäume selbst ziehen im Rahmen der Photosynthese Kohlenstoff aus der Luft und speichern diesen in ihrem Holz.

Im Maßnahmenprogramm Grazer Stadtbaum ist "Schwammstadt" ein zentrales Prinzip und werden zahlreiche Baumstandorte im Stockholm-System gebaut oder saniert. Rechnet man beispielsweise mit 800 Bäumen im Jahr (Neupflanzung und Sanierung), so können damit rechnerisch ca. 1.000 Tonnen CO2 pro Jahr langfristig gebunden werden. Dies entspricht einer CO2-Einsparung von 5,1 Millionen Autokilometern, bei einem angenommenen Verbrauch eines Diesel-PKWs mit 7,5 Litern pro 100 km.

Damit stellen Pflanzenkohlesubstrate einen wichtigen Baustein für den aktiven Klimaschutz in unserer Stadt dar.

Eine Übersicht über Strategien und Maßnahmen zur Klimawandelanpassung und zum Klimaschutz der Stadt Graz bieten der Klimaschutzfonds und der Umweltserver der Stadt Graz.

Wer Interesse am Thema Pflanzenkohle hat, findet nähere Informationen beispielsweise beim Fachverband Pflanzenkohle oder dem international renommierten Schweizer Ithaka Institut. Dieses ist unser kompetenter Kooperationspartner zum Thema Pflanzenkohle im Maßnahmenprogramm Grazer Stadtbaum.

Nana Pötsch

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