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Thema des Monats – August 2016

Pilze sammeln, Risiko vermeiden

01.08.2016
Eine Bevölkerungsgruppe hat durchaus Freude mit dem regnerischen Wetter: die Schwammerlsucher. Bei ausreichender Feuchtigkeit schießen die Pilze nur so aus dem Boden - genießbare, aber leider auch giftige. Durchschnittlich 40 Personen jährlich müssen im Spital stationär behandelt werden, einige sterben sogar, weil sie giftige Pilze gegessen haben. Das Sicherheitsmanagement der Stadt Graz informiert Sie deshalb im „Thema des Monats August 2016" über gesundheitliche, aber auch rechtliche Aspekte der Pilz-Jagd.

Tödliche Verwechslungen

Tödlich: grüner Knollenblätterpilz. Foto: Wolfgang Dämon
Tödlich: grüner Knollenblätterpilz. Foto: Wolfgang Dämon
In Mitteleuropa gibt es rund 3.000 Pilzarten, in Österreich sind etwa 20 hochgiftige bekannt. Leider sehen sich giftige und genießbare oft so ähnlich, dass selbst ausgefuchste Schwammerlkenner Fehlgriffe tun. Der Knollenblätterpilz wird etwa oft mit dem Grünen Täubling oder dem Parasol verwechselt, der Wiesen- mit dem Karbolchampignon. Winzigste Mengen dieser Gewächse können zum Tod durch Nieren- oder Leberversagen führen. Deshalb:
Sehr giftig: Pantherpilz. Foto: Wolfgang Dämon
Sehr giftig: Pantherpilz. Foto: Wolfgang Dämon
Giftig: Satanspilz. Foto: Thomas Glaser
Giftig: Satanspilz. Foto: Thomas Glaser
  • Sammeln Sie nur Pilze, die Sie eindeutig kennen. Bei den leisesten Zweifeln: Lassen Sie das Schwammerl stehen!
  • Nehmen Sie nur gesunde, frische, ganze Pilze. In alten kann sich schon Eiweiß zersetzt haben, wodurch „gute" Schwammerl sehr schlecht bekömmlich werden können. 
  • Geben Sie die Pilze in Körbe, Papiersäcke - vermeiden Sie Plastik, durch den Luftabschluss kommt es schnell zur Fäulnis. 
  • Verarbeiten Sie Pilze möglichst rasch, lassen Sie sie nur kurz im Kühlschrank (max. zwei Tage). Pilzgerichte möglichst nicht aufwärmen. Nehmen Sie nicht mehr Pilze mit, als Sie schnell verkochen/einfrieren können.
  • Essen Sie keine rohen Pilze, auch nicht Champignons.
  • Verwenden Sie aktuelle Pilz-Bestimmungsbücher mit guten Bildern, keine alten Schinken aus den 50er-Jahren.
  • Glauben Sie nicht Märchen wie „Pilze, die von Tieren angefressen sind, sind genießbar". Auch Zwiebel, die man ins Pilzgericht gibt, verfärben sich nicht schwarz, wenn ein giftiges Exemplar dabei ist.

Pilzberatungsstelle der Stadt Graz

Giftig: Spitzgebuckelter Raukopf. Foto: Wolfgang Dämon
Giftig: Spitzgebuckelter Raukopf. Foto: Wolfgang Dämon
Wenn Sie bei Ihrem Fund nicht sicher sind: In der Pilzberatungsstelle des Gesundheitsamtes der Stadt Graz, Lagergasse 132, prüfen zwischen April und November jeweils am Montag und Mittwoch von 9 bis 12 Uhr ExpertInnen den Inhalt Ihres Korbes. Kostenlos natürlich!

Pilz-Fachmann Ing. Heinz Pachler: „Wir machen 300 bis 400 Beratungen pro Jahr. Manche Leute kommen mit einem Korb voll, manche mit einem einzigen Pilz. Rund fünf Prozent der Schwammerl sind giftig, insgesamt rund 50 Prozent ungenießbar." Und wer meint, ein Fliegenpilz sei eindeutig erkennbar, den klärt Pachler auf: „Wenn der Fliegenpilz keine weißen Reste mehr auf dem Hut hat, ist er leicht zu verwechseln - wir haben immer wieder KundInnen, die mit Fliegenpilzen zu uns kommen."

Pilzvergiftung erkennen …

Sehr giftig: grünblättriger Schwefelkopf. Foto: Wolfgang Dämon
Sehr giftig: grünblättriger Schwefelkopf. Foto: Wolfgang Dämon
  • Je nachdem, welchen Pilz man gegessen hat, können Symptome nach mehreren Minuten, aber auch erst nach einigen Tagen auftauchen. Je schwerer die Vergiftung, desto später tritt sie auf. Das ist besonders tückisch, da sich das Gift dann schon im Körper ausgebreitet hat.
  • Sollte es Ihnen also nach Verzehr eines Pilzgerichts schlecht gehen - bringen Sie Ihren Zustand in Verbindung mit dem Essen, auch wenn es ein, zwei Tage danach ist.
  • Symptome sind: Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen, Schweißausbrüche, Schüttelfrost, Fieber, Benommenheit, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Halsbrennen.

… und richtig reagieren

Giftig: Kartoffel-Bovist. Foto: Wolfgang Dämon
Giftig: Kartoffel-Bovist. Foto: Wolfgang Dämon
Sie haben Pilze gegessen und Ihnen geht es mies?
  • Alarmieren Sie SOFORT Notarzt (Tel. 141), Rettung (Tel. 144), Euro-Notruf (Tel. 112) oder lassen Sie sich ins Spital fahren. Nicht selbst ans Steuer setzen, oft droht bei Pilzvergiftung eine Ohnmacht.
  • Nehmen Sie Reste der Schwammerln, des Pilzgerichts oder Proben von Erbrochenem mit - so kann das Spital schneller analysieren, was die Vergiftung ausgelöst hat.
  • Trinken Sie auf keinen Fall Milch, Alkohol oder Rizinusöl. Ein Stamperl Schnaps kann die Wirkung des Pilzgiftes verstärken.

Radioaktivität und Schwermetalle

Auch 30 Jahre nach der Katastrophe von Tschernobyl sind Wildpilze teils noch stark mit Cäsium 137 belastet. Eierschwammerl und Steinpilze liegen meist deutlich unter dem Grenzwert, Maronenröhrlinge hingegen durchwegs darüber - sie sollte man generell nicht essen.

Prinzipiell rät das Gesundheitsministerium, nur selten Wildpilze auf den Speiseplan zu setzen, da sie - unabhängig von der Radioaktivität - mit Schwermetallen wie Quecksilber, Blei oder Cadmium belastet sind. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt eine Beschränkung auf 25 Deka pro Woche. Schwangere sollten auf Pilzgenuss gänzlich verzichten.

Wie viele Pilze darf man sammeln?

Alles, was im Wald wächst, gehört laut AGBG (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) dem Waldeigentümer. Untersagt oder beschränkt er/sie das Sammeln von Pilzen, Beeren, Kastanien nicht ausdrücklich (z. B. mit Hinweistafeln), ist es also zulässig. Wenn es ein Sammelverbot gibt und man verstößt dagegen, kann man vom Waldeigentümer zivilrechtlich geklagt werden. Waldfrüchte, die man illegal gesammelt hat, kann der/die WaldeigentümerIn im Rahmen der Selbsthilfe abnehmen.

In Nationalparks und Naturschutzgebieten kann das Sammeln beschränkt oder ganz verboten sein, bestimmte Pilze sind geschützt. In Kärnten dürfen teilweise geschützte Schwammerl wie Herrenpilz und Recherln nur zwischen 15. Juni und 30. September geerntet werden.

Aber auch wenn das Sammeln erlaubt ist, wird es durch das Forstgesetz aus dem Jahr 1975 beschränkt. § 174 des Forstgesetzes sagt: Man darf nur zwei Kilo Pilze pro Tag mitnehmen, sonst begeht man eine Verwaltungsübertretung. Diese Verbote werden von der Forstbehörde und Forstschutzorganen kontrolliert, auch sie können Beschlagnahmen von Pilzen und Waldfrüchten durchführen.

Handy mitnehmen!

Gerade, wenn Sie allein im Wald unterwegs sind, sollten Sie vorab Ihrer Familie/Freunden sagen, wo Sie sich aufhalten werden. Nehmen Sie unbedingt Ihr Handy (Akku ganz aufladen) mit. Sollten Sie zu Sturz kommen, sich irgendwie verletzen, können Sie dann wenigstens Hilfe holen. Zu Ihrer Sicherheit sollten Sie auch die Defi-App des Grazer Sicherheitsmanagements installiert haben (www.graz.at/defi-app): Die sagt Ihnen nämlich die Koordinaten, wo Sie sich gerade aufhalten - das macht es Rettungsteams wesentlich leichter, Sie zu finden.

Anlaufstellen und umfassende Pilz-Datenbank

Rettung: Tel. 144
Notruf: Tel. 141
Euro-Notruf: Tel: 112
Vergiftungsinformationszentrale am AKH Wien: Tel. 01/406 43 43 (rund um die Uhr)

Pilzberatungsstelle der Stadt Graz: Tel. 0 316 872-3262, Lagergasse 132, 8020 Graz. Beratung von April bis November am Montag und Mittwoch von 9 bis 12 Uhr

Universalmuseum Joanneum: Mit unbestimmten Funden kann man zum Sammlungssachbearbeiter Pilzkunde, Gernot Friebes, kommen. Bitte Termin vereinbaren unter Tel. 0 316 8017-9752 oder Mail gernot.friebes@museum-joanneum.at. Ein Mal im Monat trifft sich der "Arbeitskreis Heimische Pilze" des Universalmuseums Joanneum. Die nächsten Termine: 19. September, 17. Oktober, 21. November 2016, jeweils 15 bis 16.30 Uhr, Weinzöttlstraße 16, 1. Stock, Besprechungsraum der Botanik. Mehr Infos gibt´s hier.

Das Vorkommen und die Verbreitung der Pilze in unserem Land wird von der Österreichischen Mykologischen Gesellschaft umfassend dokumentiert und in der „Datenbank der Pilze Österreichs" dargestellt, die derzeit mehr als sechs Millionen (!) Einzeldaten umfasst.
http://austria.mykodata.net

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