Ein echter Wahlkrimi lief heute im Grazer Rathaus ab: Im fünften Wahlgang wurde Dr.in Martina Schröck, SPÖ, zur Vizebürgermeisterin gewählt. Elke Kahr, die Kandidatin der zweitstärksten Gemeinderatspartei, der KPÖ, erhielt eine Stimme weniger.
Doch der Reihe nach:
Nach zwei erfolglosen Wahlgängen für die Vizebürgermeisterin - die gemäß den Statuten der Landeshauptstadt Graz von der zweitstärksten Partei, der KPÖ, für den Posten vorgeschlagene Elke Kahr hatte nicht die erforderliche absolute Stimmenmehrheit bekommen - war die Konstituierende Sitzung des Gemeinderates gestern Mittag, 24. Jänner 2013, unterbrochen worden.
Nach der vorgeschriebenen Pause von mindestens 24 Stunden ging die Sitzung heute um 14 Uhr mit dem dritten Wahlgang weiter. Wieder lag das Vorschlagsrecht für die Vizebürgermeisterin bei der KPÖ.
FPÖ-Klubobmann Mag. Armin Sippel nutzte die Gelegenheit zur Klarstellung: "Nachdem in den letzten Stunden spekuliert wurde, wer sich nicht so verhalten hat, wie gestern angekündigt, möchte ich von Seiten der FPÖ bekräftigen, dass wir uns so verhalten haben, wie wir es vor der Wahl gesagt haben: Dass die zweitstärkste Partei das Anrecht auf den Vizebürgermeister hat. Wir werden auch heute im dritten Wahlgang geschlossen die KPÖ und deren Kandidatin Elke Kahr wählen. Ich verbiete mir Unterstellungen, dass der freiheitliche Klub nicht Wort gehalten hat. Wir werden auch keinen Kandidaten in die vierte Runde schicken."
Dr. Gerhard Wohlfahrt, Klubobmann der Grünen: "Jeder, der rechnen kann, kann sich ausrechnen, was hier gelaufen ist und kann sich seinen Teil denken. Es ist eine geheime Wahl, darüber bin ich froh, aber solche Spielchen sind dieses Ortes unwürdig."
Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl ließ wieder die Stimmzettel verteilen und bestellte die Wahlzeugen Mag.a Andrea Pavlovec-Meixner und Ing. Roland Lohr. Er erinnerte daran, dass ein "Ja" auf dem Stimmzettel als ungültig gewertet wird. Präsidialvorständin Dr.in Ursula Hammerl zählte die Stimmen aus.
Auch im dritten Wahlgang keine Mehrheit für Kahr
Elke Kahr erreichte auch im dritten Wahlgang keine absolute Mehrheit - nur 23 der 48 MandatarInnen hatten für sie gestimmt.
Vierter Wahlgang: wieder kein Ergebnis
Im vierten Wahlgang steht das Vorschlagsrecht allen im Gemeinderat vertretenen Wahlparteien zu. Die KPÖ nominierte wieder Elke Kahr, die SPÖ Dr.in Martina Schröck, alle übrigen Wahlparteien verzichteten auf einen Vorschlag.
Das Ergebnis: eine ungültige Stimme, 23 für Elke Kahr, 24 für Dr.in Martina Schröck. Damit gab es wieder keine absolute Mehrheit, was einen fünften Wahlgang und damit eine Stichwahl zwischen den beiden Kandidatinnen notwendig machte. In diesem letzten Wahlgang reicht die relative Mehrheit.
Fünfter Wahlgang: Schröck wird "Vize"
Hauchdünn fiel die Entscheidung im fünften und letzten Wahlgang: Dr.in Martina Schröck, SPÖ, wurde mit 24 Stimmen zur Vizebürgermeisterin gewählt. Elke Kahr hatte 23 Stimmen erhalten.
Die von Magistratsdirektor Mag. Martin Haidvogl verlesene Gelöbnisformel lautet: "Ich gelobe, als Bürgermeisterstellvertreterin der Landeshauptstadt Graz die Bundes- und die Landesverfassung, das Statut und die Verordnungen der Stadt sowie die sonstigen Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes Steiermark unverbrüchlich zu beachten, meine Aufgaben unparteiisch und uneigennützig zu erfüllen, die mir obliegende Verschwiegenheitspflicht zu wahren und mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln nach bestem Wissen und Gewissen dafür zu sorgen, dass in der gesamten Stadtverwaltung nach den gesetzlichen Vorschriften vorgegangen und der Stadt kein Schaden zugefügt wird." Das Gelöbnis leistete Schröck an Landeshauptmann Mag. Franz Voves.
Wahl der fünf StadträtInnen
Nun wurden die fünf Stadträtinnen und Stadträte gewählt. Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl verlas die Wahlvorschläge der Parteien: Detlev Eisel-Eiselsberg und DI Dr. Gerhard Rüsch für die ÖVP, Elke Kahr für die KPÖ, Mag. (FH) Mario Eustacchio für die FPÖ und Lisa Rücker für die Grünen. So stimmte der Gemeinderat ab:
· Einstimmig wurde Detlev Eisel-Eiselsberg als Stadtrat bestätigt.
· DI Dr. Gerhard Rüsch konnte ebenfalls alle 48 Stimmen auf sich vereinen.
· Elke Kahr wurde einstimmig gewählt.
· Auf Lisa Rücker entfielen auch alle 48 Stimmen.
· 39 GemeinderätInnen sprachen sich für Mag. (FH) Mario Eustacchio aus - die Grünen und drei KPÖ-GemeinderätInnen stimmten gegen ihn.
Bürgermeister Nagl lobte die StadträtInnen mit der Formel "Ich gelobe, als Stadtrat der Landeshauptstadt Graz die Bundes- und die Landesverfassung, das Statut und die Verordnungen der Stadt Graz sowie die sonstigen Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes Steiermark unverbrüchlich zu beachten, meine Aufgaben unparteiisch und uneigennützig zu erfüllen, die mir obliegende Verschwiegenheitspflicht zu wahren und das Wohl der Stadt Graz nach bestem Wissen und Gewissen zu fördern" an und sie nahmen ihren Sitz auf der Regierungsbank ein.
Rede von Bgm.-Stv.in Martina Schröck
In ihrer Antrittsrede ging die neue Bürgermeisterstellvertreterin Dr.in Martina Schröck auf das gestrige Messerattentat im Amtshaus ein: "Ich möchte meine Wortmeldung mit etwas beginnen, was mich und wohl uns alle gestern sehr erschüttert hat: der tragische Zwischenfall im Sozialamt. Einer meiner leitenden Mitarbeiter ist Opfer eines wirklich grauenhaften Verbrechens geworden. Ich habe ihn heute in der Intensivstation besucht und kann sagen, dass es ihm den Umständen entsprechend ganz gut geht. Er ist ein Kämpfer, ein Steher, er wird das schwer traumatische Ereignis gut überstehen. Ich möchte ihm von dieser Stelle aus das Allerallerbeste wünschen!"
Dann kam Schröck auf das überraschende Wahlergebnis zu sprechen: "Ich möchte mich sehr herzlich bedanken für die Wahl zur Vizebürgermeisterin, die äußerst knapp ausgegangen ist. Für meine Fraktion war klar, dass - sollte es in den ersten drei Wahlgängen zu keiner Entscheidung kommen, womit ich nicht gerechnet hatte - dass wir dann als drittstärkste Fraktion von unserem Nominierungsrecht Gebrauch machen. Wir sind bereit, Verantwortung in dieser Stadt zu übernehmen, wir haben das Stabilitätspapier unterzeichnet. Ich bin nun auch zuständig für die neuen Bereiche Arbeit und Beschäftigung und für ein behutsames und gerechtes Haushalten. Es geht darum, jenen Projekten und Investitionen Vorrang zu geben, die die Menschen in unserer Stadt brauchen und die unsere Stadt stärken. Angesichts der finanziellen Situation werden wir alle nicht aus dem Vollen schöpfen können, sondern einen sozial gerechten Weg gehen und die Zukunft im Auge haben. Wir haben im Stabilitätspakt festgehalten, dass neue Investitionen primär in Arbeitsplätze, Bildung und Wohnraum zu setzen sind. Wir müssen uns alle gemeinsam darauf verständigen, was die Menschen in dieser Stadt wirklich brauchen.
Dort, wo gespart werden muss, soll das wirklich sozial gerecht passieren, in der Gebührenpolitik etwa. Dort werden wir ein Modell erarbeiten, dass BezieherInnen von geringen Einkommen nicht gefährden soll. Es ist notwendig, die bereits beschlossenen Projekte kritisch anschauen. In einem freien Spiel der Kräfte, wo es nur ein Übereinkommen über einen gemeinsamen finanziellen Rahmen gibt, ist die Verantwortung jedes einzelnen Stadtrates/jeder Stadträtin stärker gefragt. Wir müssen in den kommenden Jahren noch viel stärker als zuvor Vertrauen ineinander haben und fest daran glauben, dass jede und jeder Einzelne das Bestmögliche im jeweiligen Ressort und den bestmöglichen Job für die Stadt Graz machen will.
Wir müssen intensiv miteinander kommunizieren und gemeinsam einen bestmöglichen Haushalt verantworten. Wir wurden alle gewählt und sind damit automatisch in dieser Verantwortung. Mir ist die Kritik der Grünen, dass es keine Inhalte gibt, nicht nachvollziehbar. Bitte, nutzen Sie doch alle Ihre Möglichkeiten, den bestmöglichen Job zu machen. Es gibt kein Koalitionspapier, das vorschreibt, was im Ressort zu tun ist, wo man selber gar nicht mitgesprochen hat. Die Situation ist ganz neu und herausfordernd für uns alle und wir müssen bestmöglich damit umgehen. Wir werden sicher viel diskutieren und auch viel streiten, das gehört auch dazu, aber wir sind alle dafür verantwortlich, dass wir nicht in diesem Streit verharren, sondern dass wir Lösungen vor Augen haben und einen Kompromiss und im besten Fall einen Konsens finden, um die die anstehenden Probleme gemeinsam zu lösen. Es gilt, die Stadt in allen Bereichen so zu gestalten, dass sich die Menschen wohl fühlen.
Das sind die Ziele für Gemeinderat und Stadtregierung, auf die wir uns immer wieder verständigen und einigen müssen. Vor uns steht ein intensiver Kommunikations- und Kompromiss-, im besten Fall Konsensprozess. Genau diese Ziele mache ich mir selber zum Ziel und lade Sie ein, bei diesem Prozess dabei zu sein und diese Chance gemeinsam bestmöglich zu nützen!"