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Gestaltungsrichtlinien für Lärmschutzwände

GZ.: A14-K-000935/2006/0001


Richtlinie
des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 16.11.2006 über die Gestaltung von Lärmschutzwänden in der Landeshauptstadt Graz.

Auf Grund des § 45 Abs. 6 des Statutes der Landeshauptstadt Graz, LGBl. Nr. 130/1967 idF LGBl. Nr. 32/2005 wird beschlossen:

A.      Allgemeines, Ausgangslage

 

Lärm ist eine vom Menschen unmittelbar empfundene Umweltbelastung. Laut einer statistischen Erhebung des österreichischen Umweltbundesamtes gab fast ein Drittel der ÖsterreicherInnen an, sich in ihren Wohnungen durch Lärm gestört zu fühlen. Verkehrslärm ist dabei die am häufigsten genannte Lärmquelle. In großem Abstand folgen andere Lärmarten.  

Auf europäischer Ebene wurde durch den Erlass der „Umgebungslärm-Richtlinie" ein Schritt zu einer umfassenden rechtlichen Regelung von Lärm in der Umwelt gesetzt. Die Umsetzung in nationales Recht erfolgte mit dem Bundes-Umgebungslärm-schutzgesetz. 

Die folgenden Ausführungen setzen sich mit dem Thema „Verkehrslärm-Straße" auseinander und sollen zu einem geregelten Umgang (Richtlinie) mit Lärmschutzwänden entlang der Straßen im Stadtgebiet von Graz führen. Insbesondere sollen die vermehrt auftretenden Wünsche einzelner Grundstückseigentümer, entlang ihrer Liegenschaften Lärmschutzwände errichten zu wollen, einer Gestaltungsregelung zugeführt werden. 

Die Richtlinie umfasst daher Lärmschutzwände im Bereich von Einfamilien- und Kleinwohnhäusern, kleineren Wohnanlagen und dergleichen. Sie ist notwendig um eine „vernünftige" Gestaltung der betroffenen Straßenzüge weiterhin zu gewährleisten.
  

B.      Lärm vermeiden - Lärm verringern


Verkehrsregelung, Straßenbelag

Je schneller ein Kraftfahrzeug unterwegs ist, desto größer ist der erzeugte Lärm. Daher können durch Maßnahmen wie die Einführung von Tempolimits oder dem Einsatz von schallmindernden Straßenbelägen bereits Verbesserungen erfolgen. Bei verkehrsberuhigten Zonen mit 30 km/h kann gegenüber den üblichen 50 km/h im Ortsgebiet eine Reduktion des Lärmpegels je nach Ausgangslage bzw. Vergleichsbasis um bis zu 6 dB erreicht werden (Quelle: (3). 

Unterschiedliche Fahrbahnbeläge erzeugen unterschiedlich laute Geräusche. Korngröße, Struktur und die Anzahl der absorbierenden Hohlräume sind entscheidende Einflussfaktoren. 

Stadtentwicklungskonzept:

„Graz - eine Stadt der kurzen Wege" - Durch die Schaffung kompakter Siedlungsstrukturen, einer ausgewogenen Durchmischung von miteinander verträglichen Nutzungen und das Sicherstellen der Nahversorgung in fußläufiger Entfernung kann unnötiger motorisierter Verkehr vermieden werden (vgl. 3.0 Stadtentwicklungskonzept der Landeshauptstadt Graz). 

„Graz - eine Stadt mit ausgewogener Verkehrsmittelaufteilung" - Durch Maßnahmen zur Eindämmung des Kraftfahrzeugverkehrs und Förderung der anderen Verkehrsarten sollen

der Fuß- und Radverkehrsanteil
der Anteil des öffentlichen Verkehrs gesteigert, sowie
der Anteil des motorisierten Individualverkehrs eingeschränkt werden (vgl. 3.0 Stadtentwicklungskonzept der Landeshauptstadt Graz). 

Verteilung der Funktionen durch entsprechende Widmungen im Flächenwidmungsplan

Es soll eine klare Trennung von Wohnnutzungen zu stark befahrenen Straßen erfolgen um eine direkte Lärmbelastung zu vermeiden. 

Gebäudestellung und Orientierung:

Die effektivste Form des baulichen Lärmschutzes ist eine lärmabschirmende Situierung des Gebäudes am Grundstück. Durch eine entsprechende Anordnung lassen sich mit einfachen Mitteln lärmgeschützte Bereiche erzeugen. Jener Schallschutz, der durch eine günstige Gebäudestellung erreicht wird, kann mit einer Lärmschutzwand in der Regel nicht erreicht werden. 

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Orientierung der Räume im Gebäude. Bereits in der Planung soll darauf Rücksicht genommen werden, dass nach Möglichkeit keine Wohn und Aufenthaltsräume zu Lärmquellen hin ausgerichtet sind.  

Lärmschutzfenster:

Der Einbau von Lärmschutzfenstern ist eine Möglichkeit die Wohnräume vor Lärmbelastungen zu schützen. Der Einbau von Lärmschutzfenstern wird im Bereich von Landesstraßen gefördert (Förderung durch das Land Steiermark). Dabei müssen bestimmte Lärmgrenzwerte überschritten werden und der betroffene Anrainer muss seit mindestens 10 Jahren im betreffenden Objekt wohnen bzw. seit 10 Jahren Eigentümer sein. Die eingebauten Lärmschutzfenster müssen ein Schalldämmass von mindestens 38 dB, bei höheren Lärmbelastungen von mindestens 42 dB aufweisen (Quelle: (4). 

Lärmschutzwand als „letzte Möglichkeit"

Die Errichtung einer Lärmschutzwand als „letzte Möglichkeit" hat naturgemäß große Auswirkungen auf das Erscheinungsbild und die Wahrnehmung des Straßen- und Ortsbildes und sollte daher nur dann in die Überlegungen miteinbezogen werden, wenn andere Lösungen als unzureichend beurteilt wurden. 

Lärmschutzwände bringen folgende Probleme mit sich: 

  • Beeinträchtigung des Straßen- und Ortsbildes
  • „Kanalisierung" des Straßenraumes
  • Starke Barrierewirkung durch Höhen- und Breitenausdehnung
  • Beeinträchtigung des Ein- und Ausblickes, Blickbeziehungen werden unterbunden,
  • der Straßenraum wird unattraktiv für Fußgänger
  • Beeinträchtigung der Durchlüftung
  • Zusätzliche Beschattung
     

C.      Planungsvorhaben für Lärmschutzwände in Graz


Gesetzliche Grundlagen

Für die Errichtung einer Lärmschutzwand ist eine Genehmigung gemäß dem Steiermärkischen Baugesetz notwendig. Ab einer Gesamthöhe von 1,50 m ist das Bauvorhaben bewilligungspflichtig, darunter anzeigepflichtig. 

Förderung

Gefördert wird die Errichtung von Lärmschutzwänden nur entlang von Landesstrassen an denen bestimmte Lärmgrenzwerte überschritten werden (Förderung durch das Land Steiermark). In der Regel wird die Förderung nur bei bestehenden Objekten bewilligt. Lärmschutzwände müssen ein bestimmtes Schalldämmass erreichen um die Förderungsrichtlinien zu erfüllen. 

Lage

Es gilt zu überprüfen wie der Eingriff ins Straßen- und Ortsbild möglichst geringgehalten werden kann. Mit Lärmschutzelementen zwischen bestehenden Gebäuden oder direkt an schutzwürdigen Freibereichen (z.B. direkt nahe einer Terrasse) können Verbesserungen erzielt werden ohne eine durchgehende Lärmschutzwand entlang der Grundgrenze errichten zu müssen. 

Aus lärmtechnischer Sicht ist eine straßenbegleitende Lärmschutzwand nur dann sinnvoll, wenn diese sich durchgehend über mehrere Grundstücke erstreckt und bei Abschlüssen oder Unterbrechungen - je nach Lage - ca. 20 m oder mehr im rechten Winkel zur Straße fortgeführt wird. 

Von entscheidender Bedeutung ist auch, welcher Bereich durch die Lärmschutzwand überhaupt geschützt wird. Die Errichtung einer Lärmschutzwand zum Schutz eines Vorgartenbereichs mit wenig Aufenthaltsqualität oder zum Schutz von Nebenräumen gilt als nicht erforderlich. 

Höhe

Als Grundsatz soll gelten: „So hoch wie erforderlich, aber so niedrig wie möglich". 

Nach Erfahrungswerten ist im ebenen Gelände in circa neunzig Prozent der Fälle eine Höhe der Lärmschutzwand von 2,00 m bis 2,50 m für einen Freiraumschutz bzw. einen Schutz der Räume im Erdgeschoß ausreichend. 

Aus gestalterischer Sicht kann nur in Ausnahmefällen eine größere Höhe möglich sein. Eine solche Lärmschutzwand muss jedoch im Einzelfall geprüft werden und in der Regel besondere Gestaltungsmaßnahmen beinhalten, wie z.B. Glaselemente im oberen Bereich oder einen straßenseitig vorgelagerten, besonders breiten Grünstreifen mit dichter Bepflanzung. 

Oberfläche

Grundsätzlich sollten Lärmschutzwände im Stadtgebiet mit absorbierenden Oberflächen ausgeführt werden, da Wände mit reflektierenden Oberflächen den Immissionspegel an der gegenüberliegenden Straßenseite um bis zu 3 dB erhöhen können. 

Material

Holz 

Holz in neutraler Farbgebung fügt sich zumeist gut in einen begrünten Straßenraum ein. Kleinteilige Lärmschutzwände aus Holz sind deutlich geringer auffällig und störender als Wände aus anderen Materialien. Bei entsprechendem Holzschutz können Lärmschutzwände aus Holz eine sehr hohe Lebensdauer erreichen. Hierbei ist besonders auf den konstruktiven Holzschutz zu achten. 

Lärmschutzwände aus Holz ordnen sich gerade bei typischen Einfamilien- und Kleinhaus-Siedlungsgebieten viel besser dem Gebietsbereich ein, da sie mit den dort meist vorfindlichen Zäunen, Carports und Nebengebäuden korrespondieren. Sie sind mit weniger Aufwand herstellbar, leichter in Gärten zu integrieren (Punkt-fundamente), bei Beschädigungen leichter reparabel, eine Anpassung an das vorhandene Gelände kann leichter hergestellt werden, Anschlüsse zu Toren oder Zäunen sind leichter auszubilden, Setzungen oder „ungenaues Arbeiten" sind wenig sichtbar. 

Informationen über Lärmschutzwände aus Holz im Selbstbau können der Informationsbroschüre „Lärmschutz Landesstraßen", des Landes Steiermark (September 2004) entnommen werden.

Massive Wände (Betonsteine, Mantelbeton, Durisol, Velox, oder dgl.) 

Wände aus diesen Materialien beeinträchtigen bei gleicher Höhe optisch das Straßen und Ortsbild viel stärker als vergleichbare Wände aus Holz, da der Eindruck einer begrenzenden Wandfläche viel stärker ausgeprägt ist. 

Gerade bei Betonsteinen oder ähnlichen Wänden entsteht oftmalig der Eindruck, dass direkt an der Straße ein Gebäude im „Rohbau" errichtet worden wäre. Zudem müssen sodann Tore und Türen notgedrungen wiederum aus einem anderen Material hergestellt werden, sind die Anschlüsse an Tore und Türen nur mit Aufwand schallabschirmend ausführbar, ist eine Ausführung bei abfallendem oder ansteigendem Gelände wegen der horizontalen Lagerfugen nur durch unruhige Abstaffelungen erreichbar, sind Beschädigungen schwer reparierbar und sind notwendige Längs-fugen, etwaige Setzungen oder eine ungenaue Herstellung deutlich störend. 

Durch die zumeist graue Farbe entsteht ein grauer, trostloser Eindruck an der Straße, da optisch die ohnehin „breite graue Straße" über den Gehsteig zumeist ohne Unterbrechung in eine hohe Wand übergeführt wird. Auch jede Art von Färbung oder Musterung wirkt meist willkürlich und ohne Bezug zu den übrigen Baulichkeiten im Straßenraum. Man muss sich nur vorstellen, was es für das Straßenbild bedeutet, wenn jeder Anlieger sich direkt an der Straße mit einem „eigenen Muster" im Straßenraum „verewigt". 

Daher sollen derartige Wände nur im Zuge von größeren Bauvorhaben, wobei sodann eine detaillierte, bestmögliche Gestaltung und Begrünung einzuplanen ist, errichtet werden. 

Transparente Bauteile 

Hierzu eigenen sich die Materialien Glas (mind. 6 mm) und Acrylglas (mind. 12 mm). Es ist zu beachten, dass diese Oberflächen den Schall stärker reflektieren. 

Bepflanzung

Eine straßenseitige Begrünung ist immer anzustreben, da dadurch die Einbindung der Lärmschutzwand in den Straßenraum deutlich verbessert wird (Straßenbild; psychologische Wirkung; Akzeptanz der Nachbarschaft). 

Durch eine Bepflanzung kann sich sogar eine Verbesserung der Lärmabsorption ergeben. Ein weiterer Vorteil ist die Staubfilterung durch die Bepflanzung. 

Geschnittene Hecken benötigen einen Streifen von mindestens 0,50 bis 1,00 m. Frei wachsende Hecken benötigen nicht so regelmäßige Pflege, nehmen dafür aber deutlich mehr Platz (mindestens 3,00 m) in Anspruch. 

Sonstiges

Keinesfalls zulässig ist die Anbringung von Plakatflächen auf derartigen Lärmschutzwänden (Plakatwände sind keine Lärmschutzwände! - u.a. Reflexion des Schalls; Beeinträchtigung und Störung des Straßen- und Ortsbildes).

 

D.      Stadtplanerische Grundsätze für Lärmschutzwände und Sichtschutzwände („Gestaltungsrichtlinie für Lärmschutzwände"):

 

1.       Lärmschutz- oder Sichtschutzwände sollen eine Höhe von 2,50 m nicht überschreiten.

2.       Nur in Fällen, wo diese Höhe nachweislich (schalltechnisches Gutachten erforderlich) nicht ausreicht um einen ausreichenden Lärmschutz für Wohnräume zu gewährleisten, sind Überschreitungen - unter der Voraussetzung einer positiven städtebaulichen Begutachtung - zulässig. In solchen Fällen sind teiltransparente Ausführungen anzustreben.

3.       Lärmschutz- oder Sichtschutzwände sind aus gestalterischen Gründen vorzugsweise in Holz auszuführen. In Abhängigkeit von der Höhe und dem verwendeten Material ist am Bauplatz eine straßenseitige dichte Bepflanzung in einem durchgehenden Pflanzstreifen mit einer Breite entsprechend den folgend angeführten Richtwerten herzustellen. Die Bepflanzung ist dauerhaft zu erhalten. 

Mittlere Breite der straßenseitigen Pflanzstreifen (bei dazwischenliegenden Höhenkann interpoliert werden):

Straßenseitige Oberfläche/ straßenseitige Höhe der Wand

Holz

Beton, Betonsteine; Dursisol, Aluminium oder dgl.

Gesamthöhe bis 2,00 m

min.   30 cm

min.   50 cm

Gesamthöhe bis 2,50 m

min.   50 cm

min. 100 cm

Gesamthöhe bis 3,00 m

min. 100 cm

min. 150 cm


4.       Lärmschutz- oder Sichtschutzwände in Gebieten, wo die Lärmbelastung unter den zulässigen Planungsrichtwerten für die jeweilige Baugebietskategorie liegt (gemäß § 13 der Verordnung des 3.0 Flächenwidmungsplanes der Landeshauptstadt Graz), können dann positiv begutachtet werden, wenn die Breite der oben angeführten straßenseitigen Pflanzstreifen um mindestens 50 cm erhöht wird. 

Quellen: 

(1)     http://www.umweltbundesamt.at/umweltschutz/laerm

(2)     http://www.verkehr.steiermark.at/laermschutz

(3)     Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, [Laut]schrift - Informationen zu Lärmschutz in Österreich, Wien 2006

(4)     Amt der steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung 18A, Gesamtverkehr und Projektierung, Informationsbroschüren Lärmschutz Landesstraßen, Graz 2004 und 2005

(5)     Körndl und Rettensteiner, Freiraumplanerische Standards, Vorgaben für Lärmschutzwände, Graz 2006

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