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Ukraine: Städtischer Willkommensstand siedelt

Zum Umzug des Willkommensstandes zieht Oksana Katelnytska ein Resümee

28.09.2022
Oksana Katelnytska steht Ankommenden mit Rat und Tat zur Seite.Der städtische Willkommensstand ist auf den Bahnhofsgürtel gesiedelt.Herzensangelegendheit: Oksana Katelnytska kommt selbst aus der Ukraine.Sie nimmt sich Zeit. Auch für zweite und dritte Beratungsgespräche.

Oksana Katelnytska betreute von Anfang an gemeinsam mit Kolleg:innen den Willkommensstand für Ukrainer:innen im Ankunftszentrum in der Messehalle D. Mit 15. September wurde dieses Zentrum geschlossen, der Willkommensstand siedelte damit in die Servicestelle am Bahnhofsgürtel. Der Umzug wurde nun genutzt, um ein Resümee über den Willkommensstand und die Erfahrungen von Frau Katelnytska, die selbst aus der Ukraine kommt, zu ziehen.

Interview: Ein Resümee von Oksana Katelnytska

Die Stadt Graz hat ja mit dem Willkommensstand in der Messe sehr schnell einen Infopoint für Ukrainer:innen eingerichtet. Wie sind Sie dazu gekommen, Ihre Landsleute in Empfang zu nehmen?

Katelnytska: Der Kontakt kam über das ABI zustande, nach einem Gespräch wurde daraus eine Festanstellung. Ich habe Glück gehabt, weil ich erst eine Woche davor die Arbeitserlaubnis bekommen habe. Ich kann auch weiterhin bei der Stadt Graz angestellt bleiben und auch nach der Schließung des Ankunftszentrums mithelfen. Die Leute sind auch sehr dankbar, sie vermissen ihr zu Hause sehr. Es sind einige meiner Bekannten aus der Ukraine geflüchtet und in die Messe nach Graz gekommen.

Wie Sie schon erwähnt haben, wurde das Ankunftszentrum ja geschlossen. Wie läuft der Betrieb des Willkommensstandes am neuen Standort am Bahnhof?

Katelnytska: Der Betrieb läuft erst an, es kommen nicht mehr so viele Menschen. Der Standort selbst passt aber ganz gut, weil der Großteil der Flüchtenden per Zug anreist. Es kommen vor allem Familien und Frauen mit Kindern. Diese fahren in der Ukraine aber selten mit dem Auto, vielleicht zehn Prozent der Frauen haben einen Führerschein. Ich habe leider auch keinen Führerschein, möchte ihn aber machen. Aber ich hab eine Jahreskarte für die Öffis. Bei mit dem Auto geflüchteten kamen die Dauerparkkarten für das P&R Fölling besonders gut an. Die Grenzen waren die ganze Zeit offen. Viele Geflüchtete fahren auch jetzt noch zurück in die Ukraine, um ihre Familie zu besuchen. Das ist aber sehr gefährlich, weil das Land dauerhaft bombardiert wird.

Was waren denn für die ankommenden Ukrainer:innen die größten Themen, bei denen eine Beratung notwendig war?

Katelnytska: Ganz klar Schule und Kindergarten. Weil viele Menschen, vor allem Frauen, mit Kindern gekommen sind, wurden da die meisten Infos benötigt. Kinder sind schulpflichtig, da mussten wir schauen, wie wir sie alle ins System bekommen. Außerdem wollten viele in den Kindergarten. Besonders schwer ist die Lage für Jugendliche. In der Ukraine gilt die Schulpflicht bis 18. Das heißt, sie haben noch kein Zeugnis, aber sind für das österreichische Schulsystem praktisch zu alt. Da ist auch die fremde Sprache in Hindernis, das den Einstieg in höhere Schulen erschwert. Das IBOBB Café schaut dort aber, dass Lösungen gefunden werden. Da kommen zurzeit auch die meisten Anfragen.

Sie haben erzählt, dass die Menschen sehr dankbar über eine Ansprechperson waren. Blieb es da beim Erstkontakt oder melden sich Ukrainer:innen immer noch bei Ihnen?

Katelnytska: Auf den ersten Blick scheinen oft alle Fragen geklärt. Wenn sie dann nach Hause gehen und darüber nachdenken, tauchen neue Themen auf. Da sind einige dann ein zweites oder drittes Mal gekommen. Aber dafür sind wir ja da. Ich halte auch so mit einigen über das Telefon Kontakt. Die Nachmittagsbetreuung und der Kindergarten sind immer noch ein großes Thema. Da melden sich die Familien auch weiterhin bei Fragen. Außerdem sind Deutschkurse gefragt, dort gibt es aber genug.

Welches Resümee ziehen Sie über das Ankunftszentrum? Wie hat sich die Stimmung im Vergleich zum Frühling verändert und welche Themen sind jetzt die wichtigsten?

Katelnytska: Im Ankunftszentrum war die Stimmung im Frühling zwar beklemmt, man merkte aber, dass sich die Menschen dort geborgen fühlten und einmal durchatmen konnten. Jene Leute, die am Anfang ankamen, haben sich schon eingelebt. Hier ist jetzt vor allem der Zugang zu Arbeit ein Thema. Denn wenn diese arbeiten gehen, fallen sie aus der Grundversorgung raus. Dann brauchen sie eine Wohnung, doch als Bedingung für einen Mietvertrag werden Lohnzettel gebraucht. Außerdem muss oft eine Kaution bezahlt werden. Doch dafür findet man Lösungen, da gibt es auch Unterstützungsleistungen. Ich bin selbst die Asylschiene durchlaufen und weiß auch, worauf es ankommt, kenne das System. Schön ist auch, dass drei Ukrainerinnen nun in einem städtischen Kindergarten arbeiten. Sie betreuen ukrainische Kinder und haben so eine sinnvolle Arbeit.

Was waren die schönsten Momente der letzten Monate im Ankunftszentrum?

Oft habe ich Zeichnungen von Kindern bekommen. Besonders schön war auch, dass meine Mutter und meine Großmutter ins Ankunftszentrum in die Messe kamen. Sie brauchten drei Tage nach Österreich, für meine Oma war das nicht so leicht. Sie ist schon 75 Jahre alt und nur mit einer Gehhilfe mobil. Ich bin sehr froh, dass meine Familie bei mir in Graz ist und nicht in der Ukraine.

Wir bedanken uns für den Einsatz und das Gespräch.

Interview geführt von Sarah Tatschl

Daten und Fakten

Vor allem das Schulsystem ist ein großes Thema am Willkommensstand.
Vor allem das Schulsystem ist ein großes Thema am Willkommensstand.© Stadt Graz/Fischer
  • In der Ankunftshalle bei der Messe wurden seit Öffnung Mitte März 2022 bis zur Schließung mit Mitte September insgesamt 8.352 Personen erfasst und registriert.
  • Knapp 2/3 der Personen in der steirischen Grundversorgung kommen aus der Ukraine, das sind rund 6.200 Menschen.
  • In Graz sind insgesamt rund 2.700 ukrainische Personen (Neumeldungen seit Februar 2022) gemeldet.
  • Derzeit nehmen rund 340 ukrainische Kinder und Jugendliche am Unterricht in den städtischen Schulen sowie weiteren Privatschulen (VS, MS) teil. Nicht erfasst sind die entsprechenden Schüler:innenzahlen aus den Bereichen AHS, BHS und anderen berufsbildenden Schulen.
  • Über 40 Tickets für das P&R Fölling wurden ausgegeben.

Ab sofort sind die Serviceangebote des Willkommensstands in der Servicestelle am Bahnhofsgürtel 85 bzw. im ABI Service in der Keesgasse 6 angesiedelt. Hier die genauen Öffnungszeiten:

  • Montag: Servicestelle Bahnhof, von 7:30 bis 13:00 Uhr
  • Dienstag: Servicestelle Bahnhof, von 7:30 bis 18:00 Uhr
  • Mittwoch: Servicestelle Bahnhof, von 7:30 bis 13:00 Uhr
  • Donnerstag: ABI Service, von 7:30 bis 16:00 Uhr
  • Freitag: Servicestelle Bahnhof, von 7:30 bis 13:00 Uhr

Die Registrierung der Ankommenden findet seit der Schließung des Ankunftszentrums in den Räumlichkeiten der Sozialabteilung A11 des Landes Steiermark in der Burggasse 9 statt. Die Zeiten für die Registrierung bleiben gleich wie im Ankunftszentrum:

  • Montag, 8 bis 14 Uhr
  • Mittwoch, 8 bis 14 Uhr
  • Freitag, 8 bis 14 Uhr

Für den Fall, dass Neuankommende kurzfristig bis zur Zuteilung eines Quartieres, die binnen eines Tages angestrebt wird, eine Unterkunft brauchen, steht übergangsweise die Winternotschlafstelle der Caritas am Eggenberger Gürtel 76 zur Verfügung.

Alle Informationen zu Angeboten zur Ukraine finden Sie hier: graz.at/ukraine.

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