• Seite vorlesen
  • Feedback an Autor
  • Auf LinkedIn teilen
  • Auf Facebook teilen

Zehn-Punkte-Aktionsprogramm der Stadt Graz

Am 29. Juni 2006 hat der Gemeinderat den Beitritt der Stadt Graz zur "Europäischen Koalition der Städte gegen Rassismus" (ECCAR) beschlossen. Die Städtekoalition wurde 2004 auf Initiative der UNESCO eingerichtet und bildet ein internationales Netzwerk von Städten, die sich gemeinsam für einen wirkungsvollen Kampf gegen Rassismus, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit einsetzen. Die Kommunen haben eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung der Menschenrechte und der Anwendung von internationalen und nationalen Rechtsinstrumenten auf lokaler Ebene.

Mit dem Beitritt zur „Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus" hat die Stadt Graz auch einen Zehn-Punkte-Aktionsplan mit konkreten Vorhaben beschlossen.

Präambel

Rassismus und Diskriminierung, welcher Art auch immer, dürfen in der Menschenrechtsstadt Graz keinen Platz haben. Dies gilt für alle Menschen, die hier leben und arbeiten, für jene die zu uns gekommen sind, aber auch für jene, die schon immer oder sehr lange hier sind. Erfahrungen wie „sich in der eigenen Stadt nicht mehr daheim zu fühlen" sind ebenso ernst zu nehmen, wie das entschiedene Auftreten gegen jegliche Form von Fremdenfeindlichkeit.

Graz ist seit 29.06.2006 Mitglied der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus (ECCAR).

Der Nutzen dieser Mitgliedschaft in ECCAR zeigt sich in einem regen Erfahrungsaustausch mit anderen europäischen Städten über Handlungsstrategien und gute Praxisbeispiele, die das Wohl der kommunalen Gesellschaft und die Förderung einer Kultur der Menschenrechte betreffen.

Laut Statut der ECCAR sind die Mitglieder dazu verpflichtet, regelmäßig Zehn-Punkte-Aktionsprogramme (10PP) gegen Rassismus zu entwickeln und umzusetzen.

Als Mitglied im ECCAR-Lenkungsausschuss nimmt Graz eine Vorreiterrolle unter den europäischen Städten ein und hat damit auch die ehrenvolle Verpflichtung zur effektiven Realisierung von 10PP übernommen.

Das erste 10PP wurde von einem Grazer Experten- und Expertinnengremium in Zusammenarbeit mit dem Bürgermeisteramt vorgeschlagen und vom Gemeinderat am 29.06.2006 im Rahmen des Beitritts zur Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus (ECCAR) beschlossen.

2009 und 2012 wurden zwei weitere Programme vom Grazer Gemeinderat verabschiedet.

Die drei bisherigen 10PP wurden evaluiert und die Evaluationsberichte an das Sekretariat der ECCAR und an die UNESCO übermittelt. Die UNESCO als wissenschaftliches Sekretariat der ECCAR hat zu den Programmen jeweils eine positive Rückmeldung erteilt.

Das vorliegende vierte Aktionsprogramm für die Jahre 2020-2023 wurde - wie der Menschenrechtsbeirat der Stadt Graz im Menschenrechtsbericht 2015 empfohlen hat - gemeinsam von allen Magistratsabteilungen unter der Koordination der Präsidialabteilung, vom Menschenrechtsbeirat unter der Leitung der Geschäftsstelle und vom MigrantInnenbeirat unter der Leitung der Geschäftsstelle erarbeitet.

Berücksichtigt wurden dabei die Schlussfolgerungen des UN Komitees zur Beseitigung von Rassendiskriminierung an die Republik Österreich, in denen Mäßigung eines ausgrenzenden politischen Diskurses, verstärkte Maßnahmen im Bereich der Menschenrechtsbildung und die Schließung von Rechtslücken im Gleichbehandlungsrecht empfohlen wurden.

Im Sinne der Menschenrechtserklärung der Stadt Graz fordern diese Empfehlungen geeignete Maßnahmen und konkrete, operationalisierbare und überprüfbare Zielsetzungen, die im 10PP für die Jahre 2020-2023 festgeschrieben sind.

Die Umsetzung wird gemäß dem Statut der ECCAR berichtet.

Verpflichtung N° 1

Aufbau eines Beobachtungs- und Solidaritäts-Netzwerkes.

1.1. Menschenrechtsbeirat der Stadt Graz.

Die Einhaltung der Menschenrechtserklärung der Stadt Graz 2001 wird durch den Menschenrechtsbeirat, dem auch Vertreter und Vertreterinnen aller Gemeinderatsklubs angehören, überprüft. Der 2007 gegründete Menschenrechtsbeirat besteht aus Mitgliedern aus zivilgesellschaftlichen Einrichtungen, der Exekutive, der Justiz, der Verwaltung und der Politik, die vom Bürgermeister bzw. der Bürgermeisterin nominiert werden. Der Menschenrechtsbeirat berät den Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin sowie die Mitglieder der Stadtregierung und den Gemeinderat im Bereich der Menschenrechte. Die Hauptaufgabe des Menschenrechtsbeirats im Rahmen des Zehn-Punkte-Programmes ist der jährliche Bericht über die Situation der Menschenrechte in Graz.

1.2. Wahlkampfmonitoring.

Der Menschenrechtsbeirat führt bei Gemeinderatswahlen im Auftrag des Gemeinderats eine Wahlkampfbeobachtung durch, um sicherzustellen, dass der Wahlkampf nicht auf Kosten von Menschen erfolgt und die menschliche Würde unter allen Umständen geachtet wird.

1.3. Augenmerk auf Intersektionalität von Rassismus und Sexismus.

Frauen sind, unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft, in einer besonderen Weise von Rassismus betroffen. Zum einen werden ihre Forderungen instrumentalisiert, um Rassismus wieder „salonfähig" zu machen, zum anderen sind sie von intersektioneller Diskriminierung, einer besonderen Form der Mehrfachdiskriminierung, betroffen. Die Migrationsbewegungen der letzten Jahre haben dieses Thema noch zusätzlich verschärft: Frauen mit Migrationshintergrund sind sowohl von Sexismus als auch von Rassismus betroffen, wobei diese Arten der Diskriminierung miteinander verwoben sind, sodass für die betroffenen Frauen eine eigenständige Diskriminierungserfahrung entsteht.

Der Menschenrechtsbeirat wird sich daher mit der Intersektionalität von Rassismus und Sexismus befassen.

1.4. Schulung der Ordnungswache.

Die Grazer Ordnungswache hat es sich zu Aufgabe gemacht, die Sicherheit im öffentlichen Raum zu verbessern, präventiv Störungen im öffentlichen Raum zu verhindern und Ansprechpartnerin für schutzbedürftige und hilfesuchende Personen zu sein. Um diese Aufgabe für alle Grazer und Grazerinnen gleichermaßen zu erfüllen und auf Rassismen im öffentlichen Raum aufmerksam zu reagieren, nimmt das Personal der Ordnungswache an Schulungen mit Sicher Leben Graz in Zusammenarbeit mit der Antidiskriminierungsstelle Steiermark teil.

1.5. Vielseitiges Medienangebot der Stadtbibliothek.

Die Stadtbibliotheken stellen ein vielseitiges Medienangebot zum Themenkreis Rassismus zur Verfügung und bieten Bibliothekseinführungen für die Bevölkerung sowie Beratungsstunden für Pädagogen und Pädagoginnen.

Verpflichtung N° 2

Aufbau einer Datensammlung, Formulierung erreichbarer Ziele und Entwicklung von Indikatoren, um die Wirkung der kommunalen Maßnahmen bewerten zu können.

2.1. Menschenrechte und Balanced Scorecard in der Dienstprüfung.

Im Rahmen der Dienstprüfungskurse erhalten allen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Stadt Graz eine verpflichtende Fortbildung zum Thema Grundrechtsrelevanz des Verwaltungshandelns.

Grundlegende Informationen zur Menschenrechtserklärung der Stadt Graz und zur Menschenrechtsstadt, zur Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus, zum Menschenrechtsbeirat und zum Menschenrechtsbericht und zum MigrantInnenbeirat werden vermittelt.

Gleichzeitig wird die Balanced Scorecard als jenes Instrument vorgestellt, mit dem Ziele und Indikatoren festgelegt werden.

2.2. Menschenrechtsbericht.

Der Menschenrechtsbeirat erstellt jährlich einen Bericht zur Menschenrechtssituation in Graz an den Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin und den Gemeinderat. Der Menschenrechtsbeirat gibt im Rahmen des Berichts Vorschläge ab. Der Menschenrechtsbeirat trifft sich in geeignetem Rahmen zumindest einmal jährlich mit der Stadtregierung.

2.3. Lebensqualitäts-Indikatoren (LQI).

Alle fünf Jahre fragt die Stadt Graz ihre Bewohner und Bewohnerinnen, wie sie die Lebensqualität in ihrer Wohnumgebung und in der ganzen Stadt beurteilen. Dabei werden 11 Lebensqualitätsindikatoren verwendet, die sich jeweils aus mehreren Dimensionen zusammensetzen. Der Lebensqualitätsindikator „Arbeitssituation" enthält seit der Befragung 2018 eine Frage zur Zufriedenheit und Wichtigkeit von Gleichbehandlung am Arbeitsplatz. Menschenrechts- und Gleichbehandlungsfragen fließen weiterhin in die Lebensqualität-Indikatoren (LQI) ein.

Verpflichtung N° 3

Unterstützung für die Opfer, damit sie sich künftig besser gegen Rassismus und Diskriminierung wehren können.

3.1. Antidiskriminierungsstelle Steiermark.

Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark (ADS) steht als niederschwellige Erstanlauf-, Clearing-, Beratungs- und Monitoringstelle allen Personen offen, die sich diskriminiert fühlen. Die finanzielle Unterstützung sowie die konstruktive Kooperation der Stadt mit der ADS wird weitergeführt. Die Antidiskriminierungsstelle unterstützt Opfer von Diskriminierung ohne Einschränkung auf bestimmte Merkmale und ist eine wichtige Monitoring-Einrichtung zur Dokumentation von Diskriminierungsfällen in der Steiermark. Darüber hinaus fördert und sichert die Stadt Graz lokale, unabhängige Einrichtungen, die Opfern rechtlichen und psychologischen Beistand leisten.

3.2. Kampagne für gegenseitigen Respekt in öffentlichen Verkehrsmitteln, an öffentlichen Plätzen und öffentlich zugänglichen Orten.

Eine Kampagne in öffentlichen Verkehrsmitteln, an öffentlichen Plätzen und öffentlich zugänglichen Orten fordert den gegenseitigen Respekt für alle in Graz lebenden Menschen ein. Die Kampagne dient auch der Information zum Rechtsschutz bei Diskriminierung und Alltagsrassismus und erhöht die Bekanntheit der vorhandenen Anlaufstellen und Unterstützungsmöglichkeiten. Informationen über die Rechte und Pflichten der Bürger und Bürgerinnen in einer vielfältigen Gesellschaft, über die Anti-Rassismus-Politik der Stadtverwaltung, über Sanktionen für rassistisches Verhalten und über Kontaktadressen, an die sich Opfer oder Zeugen und Zeuginnen gegebenenfalls wenden können, werden auf www.graz.at bereitgestellt und in der BIG publiziert.

Verpflichtung N° 4

Bessere Information der Bürger und Bürgerinnen über ihre Rechte und Pflichten, über Schutzmaßnahmen, rechtliche Möglichkeiten und Sanktionen für rassistisches Verhalten.

4.1. MigrantInnenbeirat.

Der MigrantInnenbeirat gibt den Grazern und Grazerinnen, die aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit von den lokalen Wahlen ausgeschlossenen sind, eine Möglichkeit, sich einzubringen und mitzugestalten. Der MigrantInnenbeirat berät die Organe der Stadt Graz durch Anregungen, Empfehlungen und Stellungnahmen. Der MigrantInnenbeirat ist eine kritische Stimme für die Anliegen der zugewanderten Grazer und Grazerinnen und wird in die Konzeption und Umsetzung der Grazer Integrationspolitik aktiv eingebunden.

4.2. Politischer Diskurs ohne Rassismus.

Gemäß Artikel 4 der Internationalen Konvention zur Beseitigung aller Formen rassistischer Diskriminierung (UN CERD, BGBl 377/1972) sind insbesondere politische Parteien und ihre Vorfeldorganisationen verpflichtet, in ihren Programmen keine Ausgrenzung zu proklamieren, zu veröffentlichen oder im politischen Diskurs einzusetzen. Die Stadt Graz bemüht sich mit allen ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten und durch geeignete Maßnahmen (z.B. menschenrechtliche Wahlkampfbeobachtung und andere), diese Verpflichtung umzusetzen.

4.3. Bericht im Gemeinderat.

Die zuständigen politischen Referenten und Referentinnen, insbesondere der Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin berichten zumindest jährlich über die ergriffenen Maßnahmen, deren Auswirkungen und Vorhaben im Gemeinderat. Der jährliche Menschenrechtsbericht der Stadt Graz sorgt für eine allgemein zugängliche und transparente Kommunikation.

4.4. „Neu in Graz" Broschüre und Stadtrundgänge.

Die Stadt Graz empfängt alle Menschen, die ihren Hauptwohnsitz in Graz melden mit einem Informationspaket. Darin befindet sich neben einem Stadtplan, einem Gutschein für einen Stadtrundgang und zusätzlichen hilfreichen Informationen zu verschiedenen Themenbereichen die Broschüre „Neu in Graz" des Integrationsreferates. In 14 Kapiteln auf über 100 Seiten erhalten alle neuen Grazer und Grazerinnen eine Gebrauchsanweisung für ihre Stadt. Über Bildung, Sport, Verkehr bis hin zu Wohnen und Arbeit werden so die wichtigsten Informationen kompakt in einer Broschüre bereitgestellt. Die „Neu in Graz"-Broschüre wird laufend aktualisiert und wird in 10 Sprachen an den Servicestellen der Stadt Graz ausgegeben.

4.5. Verständliche Sprache.

Die Stadt Graz bemüht sich auch in Zukunft um verständliche Formulierungen im gesamten Schriftverkehr. Das Thema „verständliche Sprache" wurde von der Magistratsdirektion als wichtiges Ziel für die Stadt Graz festgelegt. Das Projekt „Graz Verständlich" wird als Gesamtstrategie in allen Abteilungen der Stadtverwaltung und in der Holding Graz umgesetzt. Alle Merkblätter, Formulare und alle öffentlichen Materialien werden auf verständliche Sprache umgestellt. Über das Projekt „Graz Verständlich" werden alle Bediensteten mit Formulierungsvorschlägen und Regeln für verständliche Texte vertraut gemacht.

4.6. Ausbau der Jugendarbeit.

Bestehende niederschwellige Angebote der (interkulturellen) Jugendarbeit werden in ihrer guten Qualität erhalten. Die Ausrichtung der Angebote, Leistungen und Maßnahmen orientieren sich in Zukunft noch stärker an vorhandenen Bedarfslagen der Jugendlichen. Die bedarfsgenaue Ausdifferenzierung von Angeboten der Jugendarbeit wird unterstützt. Das Angebot an öffentlich und gemeinschaftlich nutzbaren Innen- und Außenräumen ohne Konsumzwang wird ausgebaut. Unter Einbindung von Fachpersonal aus der Jugendarbeit und den Jugendlichen selbst werden bedarfsgerechte Konzepte zur Nutzung dieser Räume und auch zur Lösung von Verdrängungskonflikten, insbesondere im öffentlichen Raum, erarbeitet.

4.7. Sportvereine gegen Rassismus.

Der von der Stadt Graz geförderte Sportbereich setzt eine großflächige Kampagne gegen jegliche Form von Rassismus und Diskriminierung um. Vom Sportamt geförderte Vereine aus verschiedensten Sportarten werden eingebunden, um geeignete Formen und Botschaften zu entwickeln, die Kinder und Eltern erreichen. Bekannte Profisportler und Profisportlerinnen sollen für die Schirmherrschaft gewonnen werden.

Verpflichtung N° 5

Förderung gleicher Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

5.1. IBOBB-Café.

Das IBOBB-Café der Stadt Graz ist eine kostenlose, niederschwellige Informationsdrehscheibe und Anlaufstelle bei allen Fragen rund um Bildung und Beruf. Das IBOBB-Café bietet mehrsprachige Bildungsberatung und maßgeschneiderte Workshops in Kooperation mit seinen zahlreichen Netzwerkpartnern und Netzwerkpartnerinnen.

5.2. Bereitstellung von Übersetzern und Übersetzerinnen für das Gründungserstgespräch bei der Wirtschaftskammer.

Beim einstündigen Beratungsgespräch bei der Wirtschaftskammer werden Übersetzer bzw. Übersetzerinnen von der Stadt Graz, Abteilung für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung kostenlos bereitgestellt, die den potentiellen Gründern und Gründerinnen alle zu beachtenden Details zur Gründung in die Muttersprache übersetzen. Die Bereitstellung von Übersetzern bzw. Übersetzerinnen gewährleistet, dass alle wichtigen Punkte bei einer Gründung (gesetzliche Bestimmungen, notwendige Amtswege etc.) verstanden wurden, was den Erfolg der Gründung nachhaltig beeinflusst.

5.3. Grazer Lehrlings- und Ausbildungsoffensive „GRAZ BILDET AUS".

Die Grazer Lehrlings- und Ausbildungsoffensive „GRAZ BILDET AUS" wird seit 2014 umgesetzt und vom Referat Arbeit und Beschäftigung des Sozialamts koordiniert. Mit dem Start der Lehrlingsoffensive wurden kontinuierlich zusätzliche Lehr- und Ausbildungsplätze geschaffen. Im September 2017 wurde der bisherige Höchststand von 140 erreicht.

In den kommenden Jahren soll diese Zahl noch übertroffen und weiteren jungen Menschen eine Berufsausbildung wie zum Beispiel zum Elektro- und Gebäudetechniker bzw. zur Elektro- und Gebäudetechnikerin, zum Mechatroniker bzw. zur Mechatronikerin, zum Chemielabortechniker bzw. zur Chemielabortechnikerin und zu vielen Lehrberufen mehr im Haus Graz ermöglicht werden. Die Stadt Graz kooperiert dazu mit dem Arbeitsmarktservice Steiermark und dem bfi Steiermark.

Im Rahmen einer sogenannten Perspektivenwerkstatt (PWS) werden die Jugendlichen auf den Beginn ihrer Lehrausbildung vorbereitet. Diese Orientierungsmaßnahme richtet sich an junge Menschen, die auf dem freien Lehrstellenmarkt bisher keine Chance bekommen haben.

Zudem werden durch die Zusammenarbeit von Haus Graz, AMS und bfi Steiermark zahlreiche Ausbildungsplätze pro Jahr über die Überbetriebliche Lehrausbildung (ÜBA) für junge Menschen gesichert. Die berufspraktische Ausbildung für diese Jugendlichen erfolgt im Haus Graz.

5.4. Grazer Fonds für Aufstieg und Entwicklung.

Die Initiative „Grazer Fonds für Aufstieg und Entwicklung" des Referats Arbeit und Beschäftigung des Sozialamtes der Stadt Graz fördert persönliche Weiterbildung bzw. Umschulung mit bis zu € 1.000,- pro Person. Bezahlt werden damit ein Teil der Kosten oder die gesamten Kosten von Kursen, Aus- und Weiterbildungen oder Umschulungen.

Das Projektteam der ÖSB Consulting GmbH unterstützt bei der Antragstellung und bietet zusätzlich auch eine kostenlose Qualifizierungsberatung an. Gefördert werden können Personen zwischen 18 und 64 Jahren, die erwerbstätig sind (selbstständig oder unselbstständig), seit mindestens 6 Monaten ihren Wohnsitz in Graz haben und über ein niedriges Haushaltseinkommen verfügen.

5.5. Projekte für den Arbeitsmarkt.

Das Referat Arbeit und Beschäftigung des Sozialamtes der Stadt Graz unterstützt und fördert zahlreiche beschäftigungspolitische Initiativen zur Eingliederung von Menschen, die am Arbeitsmarkt benachteiligt sind. Zu den Zielgruppen zählen langzeitarbeitslose junge und ältere Menschen, von Langzeitarbeitslosigkeit Bedrohte, Jugendliche, NEET (not in employment, education or training), Wiedereinsteiger und Wiedereinsteigerinnen, Menschen mit Behinderungen, Migranten und Migrantinnen sowie arbeitslose Akademiker und Akademikerinnen.

Die Unterstützung bzw. Co-Finanzierung von Vereinen, die Beschäftigungsprojekte umsetzen, wird fortgeführt.

5.6. Beschäftigungs- und Ausbildungsmöglichkeiten für Asylwerber und Asylwerberinnen.

Beschäftigungs- und Ausbildungsmöglichkeiten für Asylwerber und Asylwerberinnen fallen in die Kompetenz des Bundes und sind daher auch gesamtstaatlich zu regeln.

5.7. Dialog Beschäftigung.

Die Arbeitsgruppe „Dialog Beschäftigung" wurde im Jänner 2017 vom Referat Arbeit und Beschäftigung gestartet, um eine gemeinsame kommunale Arbeitsmarktpolitik für den Grazer Raum zu entwickeln. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe „Dialog Beschäftigung" setzen sich aus Vertretern und Vertreterinnen von AMS, Arbeiterkammer, Industriellenvereinigung, Wirtschaftskammer, ÖGB, Sozialministeriumservice sowie bbs-Netzwerk Steiermark, JOANNEUM RESEARCH und dem Sozialamt der Stadt Graz zusammen. „Dialog Beschäftigung" bindet Vertreter und Vertreterinnen aus unterschiedlichen Zielgruppen in die Arbeitsgruppe ein.

5.8. Trainings zum Thema „Urbane Diversität".

Die Abteilung für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung bietet Trainings und Workshops zum Thema Diversität für ihre Zielgruppen an. Die Vorteile einer urbanen Diversität sollen erkannt werden und Rassismus und Ausgrenzung rechtzeitig entgegengewirkt werden.

5.9. Veranstaltungen zum Thema Migration und Wirtschaft.

Die Abteilung für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung setzt sich für Bewusstseinsbildung und Aufklärung bei Themen des migrantischen Unternehmer- bzw. Unternehmerinnentums ein (migrantische Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberinnen, migrantische Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeberinnen, Chancen eines diversen Teams, etc.) und führt dazu weiterhin geeignete Informations- und Diskussionsveranstaltungen durch.

Verpflichtung N° 6

Die Stadt verpflichtet sich, als Arbeitgeberin und Dienstleisterin Chancengleichheit und Gleichberechtigung zu gewährleisten.

6.1. Dolmetsch-Pool.

Dolmetsch-Angebote sind ein Service zur Unterstützung der Integration von Migranten und Migrantinnen. Dank der Kooperation mit dem Integrationsreferat der Stadt Graz können Institutionen und Organisationen in Graz Dolmetscher und Dolmetscherinnen für ihre Arbeit mit Klienten bzw. Klientinnen anfordern. Die Dolmetscher und Dolmetscherinnen werden u.a. bei Lehrer- bzw. Lehrerinnen-Eltern-Gesprächen in Grazer Pflichtschulen kostenlos eingesetzt und begleiten Klienten und Klientinnen zu Beratungseinrichtungen und Arztbesuchen. Das Angebot des Dolmetschpools wird weiterhin unterstützt und insbesondere für Beratungen im Gesundheitssektor ausgebaut. Ungeachtet dessen bleibt das vorrangige Interesse und Ziel der Stadt Graz, Deutsch als bevorzugte Verkehrssprache für möglichst alle in Graz Wohnende zu ermöglichen.

6.2.Antidiskriminierungsarbeit - Aus- und Weiterbildung an der Verwaltungsakademie.

Um die Grazer Stadtverwaltung als modernes Dienstleistungsunternehmen zu positionieren, bietet die Verwaltungsakademie Graz einschlägige Seminarangebote zu Kommunikation, Konfliktbewältigung, Persönlichkeit und Interkulturalität. Jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin hat Anspruch auf 5 Tage Weiterbildung pro Jahr.

Speziell wird für interessierte Fachkräfte das Angebot geschaffen, eine aktive Rolle bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Abbau von Diskriminierung in ihren Institutionen zu übernehmen und sich als Multiplikator bzw. Multiplikatorin für die Antidiskriminierungsarbeit ausbilden zu lassen. Diese Maßnahme folgt einem erfolgreichen Beispiel der Stadt Bonn.

6.3. Objektivierungsrichtlinie für die Personalsuche und -auswahl.

Die Aufnahme von Personen in ein städtisches Dienstverhältnis sowie alle magistratsinternen Stellenbesetzungen erfolgen nach einheitlichen und objektiven Kriterien entsprechend der Richtlinien des Gemeinderates betreffend die Objektivierung von Stellenbesetzungen. Durch Transparenz und Nachvollziehbarkeit in der Ausschreibung vakanter Funktionen, der Benennung von Wirkung und Zielen in den Anforderungsprofilen, und ein teilanonymisiertes Bewerbungsformular wird der bzw. die für einen entsprechenden Arbeitsplatz qualifizierte Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterin ausgewählt.

6.4. F.A.I.R. Stellenbeschreibung und -bewertung.

Um eine gleiche Bezahlung für vergleichbare Tätigkeit sicherzustellen, erfolgt seit 2000 eine flächendeckende Beschreibung aller Stellen und deren Bewertung nach einem analytischen Bewertungsverfahren der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt). Die Bewertung des Stelleninhalts soll die Bezahlung bestimmen.

6.5. Antidiskriminierungsklauseln.

Die Vergabe von städtischen Förderungen (Subventionen) ist an die Bedingung geknüpft, dass die Vorhaben wie auch die natürlichen oder juristischen Förderwerber bzw. Förderwerberinnen weder die Absicht noch das Ergebnis eines diskriminierenden Ausschlusses von Bevölkerungsgruppen aufweisen.

6.6. Bedarfsorientierte Angebote des Jugendamts.

Die Leistungen und Angebote des Jugendamtes sind für alle in Graz lebenden Kinder, Jugendlichen und Familien gleichermaßen zugänglich und annehmbar. Das Fachkonzept der Kinder- und Jugendhilfe orientiert sich an den Stärken und Ressourcen der jeweiligen Familien. Das Jugendamt bietet professionelle Beratung und Unterstützung für alle in Graz lebenden Kinder und Jugendliche, deren Eltern und andere erwachsene Bezugspersonen nach Bedarf und ohne Ansehen der Person. Alle Leistungen wirken daher auch als Maßnahmen der Integration und gegen Rassismus, insbesondere hervorzuheben sind dabei die Jugendzentren, proAct - Jugendgemeinderat, points4action, die Familiensozialarbeit, die Ombudsstelle Kinder- und Jugendhilfe, die Willkommensbesuche, die Elternberatung, family@graz (Angebote und Leistungen für werdende Eltern und Familien - „Frühe Hilfen"), Freizeithits für Grazer Kids, das Kinderparlament, Ferienturnusse für Kinder und Spielmobile: Spiel und Spaß in Parks.

Verpflichtung N° 7

Entwicklung konkreter Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung bei Vermittlung und Verkauf von Wohnungen

7.1. Benachteiligungsfreie (Diskriminierungsfreie) Kriterien bei der städtischen Wohnungsvergabe

Die Zuweisung von Gemeindewohnungen erfolgt ausschließlich nach sachlichen Kriterien und hat ohne Benachteiligung zu erfolgen, die insbesondere im Geschlecht, in der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, in den politischen oder sonstigen Anschauungen gelegen ist.

7.2. Kautionsbeitrag der Stadt Graz.

Der Kautionsbeitrag ist eine finanzielle Unterstützung für die Anmietung einer Wohnung im Stadtgebiet von Graz. Der Grazer Kautionsfonds wird ausschließlich nach sachlichen Kriterien gewährt, die ohne Benachteiligung insbesondere im Geschlecht, in der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, in den politischen oder sonstigen Anschauungen gelegen ist.

7.3. Nachbarschaftsservice - Wege aus dem Konflikt.

Es ist ganz normal, dass es im täglichen Zusammenleben zu Konflikten kommt. Dabei ist es meist so, dass andere nicht absichtlich stören. Auch sie selbst wollen in Frieden ohne Ärger leben. Wenn sich jemand in seinem oder ihrem Wohnumfeld gestört fühlt, soll rasch gehandelt werden, damit die Unstimmigkeiten und Missverständnisse möglichst früh bereinigt werden können. Das Nachbarschaftsservice ist als Stelle zur kompetenten Konfliktberatung und Konfliktvermittlung bei Wohnraumkonflikten in Grazer Mehrparteienhäusern aktiv. Dabei werden telefonische aber auch persönliche Beratungsgespräche und bei Zustimmung aller Betroffenen auch Mediationen angeboten.

7.4. Hallo Nachbar - Wohneinbegleitung.

„Hallo Nachbar" ist ein Projekt für den Gemeinde- und Übertragungswohnbau. Oft kommen die Menschen erst miteinander in Kontakt, wenn etwas Negatives vorgefallen ist und es zu einer Beschwerde kommt. Dabei ist es so viel leichter, Probleme anzusprechen, wenn man sich zuvor bereits kennengelernt und einander vorgestellt hat. Für ein friedliches Zusammenleben sind alle Hausbewohner und Hausbewohnerinnen gemeinsam verantwortlich. „Hallo Nachbar" steht ganz im Zeichen des Kennenlernens. Frisch Eingezogene werden begleitet und die Orientierung in der neuen Wohnumgebung wird mit Unterstützung von engagierten Nachbarn und Nachbarinnen vor Ort erleichtert. Informationsgespräche und informelle Regeln unterstützen das Zusammenleben in Zukunft, Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen innerhalb der Siedlung schaffen einen besseren Start in der neuen Umgebung und verringern so das Konfliktpotenzial.

7.5 Mobile Stadtteilarbeit

Die Mobile Stadtteilarbeit ist in Siedlungen tätig, die von Wohnen Graz, in Zusammenarbeit mit den BezirksrätInnen, definiert werden. Die Arbeit ist auf Gemeinschaftsförderung, gemeinschaftliche Konfliktbearbeitung und Einsamkeitsprävention ausgerichtet und erfolgt nach den Prinzipien der Gemeinwesenarbeit. Sie orientiert sich an den Bedürfnissen der Menschen, ist aktivierend und beteiligend und unterstützt Selbstorganisation und Eigeninitiative. Vorhandene Ressourcen werden identifiziert und genutzt, gefördert und gestärkt, umfassende Vernetzung findet statt. Das bedeutet, die Nachbarn und Nachbarinnen werden dabei unterstützt, miteinander in Kontakt zu treten, gemeinsam an der Bearbeitung der Probleme und Konflikte in der Siedlung mitzuwirken, gemeinschaftliche Aktivitäten durchzuführen und aktiv zur Gestaltung ihrer Nachbarschaft beizutragen.

Verpflichtung N° 8

Entwicklung von Maßnahmen gegen ungleiche Bildungs- und Erziehungschancen; Förderung von Respekt im Umgang und interkultureller Verständigung durch Bildung und Erziehung.

8.1. Grazer Stärkenpass - Begabungen stärken.

In allen Kindern schlummern unglaublich viele Talente und Stärken. Oft werden diese nicht ausreichend gewürdigt oder gehen an den Übergängen zwischen den Bildungseinrichtungen verloren. Mit dem Stärkepass hat die Stadt Graz als erste Kommune österreichweit ein Pilotprojekt gestartet, in dem besondere Leistungen und Stärken von Kindern erfasst und über die Bildungskarriere hinweg gesammelt werden. Damit werden die eigenen Stärken für die Kinder und Jugendlichen sichtbar und besprechbar gemacht, Denkprozesse werden angeregt und Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet.

Der Stärkepass versteht sich nicht als Ersatz zur herkömmlichen Leistungsbeurteilung, sondern ist vielmehr eine sinnvolle Ergänzung um die Entwicklung der Kinder über die Bildungseinrichtungen hinaus zu dokumentieren. Ziel ist die Förderung und Dokumentation der Begabungspotenziale und Interessen sowie eine bestmögliche Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen. Die Stärkeorientierung umfasst das Entdecken, Erfassen und Entwickeln von Stärken und Interessen. Herzstück des Portfolios sind gezielte Reflexionen und Dialoge zwischen allen Beteiligten der Bildungspartnerschaft (Kind, Pädagogen und Pädagoginnen und Eltern). In vier wesentlichen Bereichen - Persönliches, Soziales, Methodisches und Fachliches - werden die individuellen Entwicklungsschritte dokumentiert. Mehr als 2.000 Kinder nehmen bereits an dem erfolgreichen Pilotprojekt teil, die weitere Ausdehnung soll sukzessive stattfinden.

8.2. Stadtbibliotheken: LABUKA und [kju:b].

Die Stadtbibliotheken bieten LABUKA- und [kju:b]-Workshops für Kinder und Jugendliche zu gesellschaftskritischen Themen sowie themenspezifische LABUKA-Themenpakete für Schulen, Kindergärten und Horte an. Bestehende Themenpakete werden laufend aktualisiert und neue Themenpakete zum Verleih an Schulen, Kindergärten und Horte bereitgestellt. Interkulturalität, Integration und Toleranz, die Erkennung und Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung und das Angebot gleichberechtigter Bildungschancen sind Werte im Bildungsauftrag der Stadtbibliotheken. Vor allem für junge Menschen wird dieses Angebot noch weiter ausgebaut und ergänzt.

8.3. Sprach- und Bildungsförderung.

Die Stadt Graz unterstützt das Erlernen von Deutsch durch Sprachförderung im Kindergarten.  in Deutsch sowie in der Erstsprache der Kinder, durch Schulsozialarbeit, Bildungskoordinatoren und Bildungskoordinatorinnen, Integrationsassistenz und Unterstützung der Pädagogen und Pädagoginnen in Kindergarten und Schule durch muttersprachliche Personen in den Erstsprachen der Kinder Chancengleichheit in der Bildung.

8.4. Bewusstseinsarbeit gegen Antisemitismus.

Bewusstseinsbildung in Schulen zu Antisemitismus wird forciert, um Zeitzeugen und Zeitzeuginnen und ihre Berichte in der jungen Generation nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Unter Einbindung von noch lebenden Zeitzeugen und Zeitzeuginnen, Jugendzentren, der Kultusgemeinschaft sowie des MigrantInnenbeirats und von Community Vereinen wird Aufklärung und Bewusstseinsbildung zu Antisemitismus gefördert.

8.5. Interkulturelle Bildungsarbeit in Kindergärten und Schulen (IKU).

Mit gesellschaftlicher Vielfalt umzugehen ist für viele nicht immer ganz leicht. Eine andere Hautfarbe, andere Sprachen, eine andere Religion - das können Gründe sein, warum Menschen ausgegrenzt oder benachteiligt werden. Das Projekt IKU stärkt durch gemeinsame, spielerische, erlebnisorientierte Aktivitäten in Kindergärten und Schulen ein wechselseitiges tolerantes Miteinander.

8.6. Wir sind Graz 2.0.

„Wir sind Graz" bietet rund 20 Grazer Volksschulen ein ergänzendes, unterstützendes und nach schuleigenen Erfordernissen maßschneiderbares Projektangebot, welches die lebensnahe Umsetzung von soziokultureller Vielfalt, Menschenrechten und Antidiskriminierung im schulischen Setting fördert. Herzstück des Projekts sind die „Weltreisen in Graz" bei denen Schulklassen für einige Tage an einen anderen Schulstandort wechseln. Im Zentrum des Projektgeschehens steht die Förderung und Stärkung einer gelebten Alltagskultur eines gewaltfreien und gedeihlichen Miteinanders von Direktionen, Lehrenden, Kindern, Eltern und schulnahen Unterstützungssystemen.

Verpflichtung N° 9

Förderung der kulturellen Vielfalt in den Kulturprogrammen, im öffentlichen Raum und im städtischen Leben.

9.1. Writer/Artist in Exile.

Kritische Gedanken dürfen nicht in allen Ländern der Welt geäußert und veröffentlicht werden. Die Stadt Graz nimmt im Projekt „Writer /Artist in Exile" in ihrer Heimat verfolgte Künstler bzw. Künstlerinnen, vornehmlich literarisch Tätige, vorübergehend auf. Diesen soll ermöglicht werden, ihr Schaffen in einer menschenrechtlich abgesicherten Position fortzusetzen. Verfolgten Künstlern und Künstlerinnen soll auf Zeit die Möglichkeit geboten werden, ihre Arbeiten durchzuführen und zu veröffentlichen.

9.2. Verstärkte Förderungen des kulturellen Angebots.

Die Stadt Graz birgt einen Schatz großer kultureller und sprachlicher Vielfalt. Ein reiches Kunst- und Kulturleben bietet den Rahmen für das wechselseitige Übersetzen von kulturellen Bildern, die Auseinandersetzung mit dem Kulturbegriff an sich und den Aufbau eines Raums der gemeinsamen Erzählungen. Das Finanzierungs- und Fördersystem der Stadt Graz unterstützt das Recht auf Freiheit des Kulturlebens und die produzierende sowie rezipierende Beteiligung aller Grazer und Grazerinnen am Kulturleben mit ausreichend budgetären Mitteln, mit besonderem Augenmerk auf Jugend, Vielfalt und Verständigung. Die Förderungen und Unterstützungen werden unabhängig von persönlichen Ausrichtungen der sich bewerbenden Kunst- und Kulturschaffenden vergeben. Insbesondere das Kulturjahr 2020 „Wie wir leben wollen" unterstützt mit großem materiellen Aufwand und inhaltlicher Kompetenz diese Bestrebungen.

9.3. Wundertüte - Kultur für das junge Graz.

Kinder und Jugendliche haben nicht in allen Bevölkerungsschichten Zugang zu Kunst und Kultur. Speziell für Kinder und Jugendliche gibt es Programme, um diese Altersgruppen verstärkt zur Auseinandersetzung und Beschäftigung mit Kunst und Kultur anzuregen. Um Kinder und Jugendliche an Kunst und Kultur heranzuführen und es auch leistbar zu gestalten, ist dieses Angebot mit dem vom Land Steiermark getragenen und der Stadt Graz mitfinanzierten Projekt „Hunger auf Kunst und Kultur" verschränkt.

9.4. Stadtbibliotheken unterstützen der Erwerb der deutschen Sprache. Das Angebot wird bedarfsgerecht durch zwei- und mehrsprachige Literatur, Sprachlernprogrammen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene ergänzt.

Ziel ist die Förderung der Sprach- und Lesekompetenz, insbesondere von Kindern und Jugendlichen mit nichtdeutscher Muttersprache, aber auch der Wertschätzung und des Zugangs zu anderen Kulturen sowie Bewusstmachung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt in Graz. Zugleich ist der Erwerb der deutschen Sprache als unabdingbare Voraussetzung für eine gelingende Integration auch Aufgabe der Stadtbibliotheken.
Zusätzlich ermöglicht das Grazer Sprachenfest am Europäischen Tag der Sprachen viele Kinder und Jugendliche zu erreichen und durch Bastel- und Quizaktionen auf das themenrelevante Angebot der Stadtbibliothek aufmerksam zu machen.

Verpflichtung N° 10

Entwicklung oder Unterstützung von Maßnahmen zum Umgang mit rassistischen Gewalttaten und Förderung des Konfliktmanagements.

10.1. Friedensbüro.

Das Friedensbüro Graz ist ein Kompetenzzentrum für gewaltfreies Zusammenleben auf kommunaler Ebene, bringt Methoden und Ansätze der Konflikt- und Gewaltbearbeitung in die Stadt Graz ein und entwickelt Strategien zur Gewaltprävention. Das Friedensbüro Graz bietet Unterstützung in der Lösung von Nachbarschaftskonflikten, Gewaltprävention und -bearbeitung für alle Schultypen und Kindergarten, Konfliktprävention und -bearbeitung in den Grazer Bezirken und koordiniert die Stadtteilarbeit.

10.2. Interreligiöser Dialog.

Die Stadt Graz möchte das vielfältige kommunale Leben sozial gerecht und friedlich gestalten und misst dabei der Zusammenarbeit mit und zwischen Religionsgemeinschaften große Bedeutung bei. Für ein friedliches städtisches Zusammenleben ist es wichtig, das gegenseitige Verständnis zu vertiefen. Dabei ist mitentscheidend, dass Vertreter und Vertreterinnen der Religionsgemeinschaften in wechselseitigem Respekt einen beispielhaften öffentlichen Dialog führen. Ein solcher Dialog und seine konkreten Projekte sind von kommunalem Interesse, weil sie die Zivilgesellschaft bereichern und zum sozialen Frieden in der Stadt einen wesentlichen Beitrag leisten. Um Stabilität und Kontinuität des Dialogs zu gewährleisten, sind der Interreligiöse Beirat und das Projekt „ComUnitySpirit" wesentliche Säulen zur Erhaltung des sozialen Friedens in der Stadt Graz.

10.3. Plattform gegen antidemokratische Strömungen und Extremismus.

Extremismus hat auch in Graz viele Gesichter. Die Stadt Graz räumt der Prävention von Extremismus jeglicher Art Priorität ein.

Die Erklärung gegen Antisemitismus und BDS im November 2019 gibt hier die Linie vor und zeigt, dass es der Stadt Graz mit der Bekämpfung extremistischer Haltungen ernst ist.

Im Auftrag der Stadt erstellen Antidiskriminierungsstelle Steiermark und ETC Graz eine Extremismuspräventions-Landkarte der Steiermark. In dieser sind Maßnahmen und Angebote sowie die in diesem Feld tätigen Institutionen verzeichnet. Basierend auf der Landkarte sollen Lücken identifiziert und in Abstimmung mit dem Land Steiermark eine regionale Strategie zur Prävention und Eindämmung von Extremismus geschaffen werden.

Die Landkarte dient als Basis zur Etablierung einer Plattform gegen antidemokratische Strömungen und Extremismus, in der sich präventiv tätige Institutionen, Experten und Expertinnen aus den Bereichen Jugend, Sicherheit, Justiz, Strafvollzug, offene Jugend- und Sozialarbeit, Integrationsarbeit, Bildung, Religion, Community Work und Wissenschaft unter Einbeziehung von städtischen und Landeseinrichtungen und in Kooperation mit der Beratungsstelle Extremismus des Bundesministeriums für Familie und Jugend mit dem Ziel des gegenseitigen Austausches und der Unterstützung vernetzen.

10.4. Prävention.

Kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit zur Aufklärung über rassistische Gewalt. Einbindung der Polizei in Netzwerke zur Antidiskriminierungs- und Antirassismusarbeit. Durchführung von Trainings- und Aufklärungsmaßnahmen zu rassistischen Verbrechen und Konfliktmanagement für verschiedene Berufsgruppen in Zusammenarbeit mit Polizei - insbesondere Sicher Leben in Graz - und Justiz.

10.5. Regelmäßige Erhebung zu Hasskriminalität.

Die ADS wird alle drei Jahre mit der Durchführung einer Erhebung zu Hasskriminalität aus rassistischen Motiven beauftragt. Die erste Erhebung erfolgte 2016, zur Überprüfung des geänderten Niveaus wird erneut eine Erhebung durchgeführt.

10.6. Charta für die öffentlichen Verkehrsmittel.

Hasskriminalität („Hate Crime") und Fremdenfeindlichkeit haben stark zugenommen. Der Blick auf die Zahlen der Hasskriminalität in der Steiermark zeigt deutlich, dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe oder ihrer Religionszugehörigkeit zu jenen Gruppen gehören, für die Vorurteile, Abwertung und Gewalt hierzulande ein fester Bestandteil ihrer Alltagsrealität geworden sind. Rassistische und fremdenfeindliche Taten werden insbesondere im öffentlichen Raum und in öffentlichen Verkehrsmitteln verübt.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, erarbeiten die Stadt Graz und die Graz Linien gemeinsam mit der Polizei, der Antidiskriminierungsstelle Steiermark und anderen Organisationen eine „Charta für Sicherheit und gegen Hasskriminalität in öffentlichen Verkehrsmitteln". Die Charta dient der Sensibilisierung und wird in angemessener Größe in Straßenbahnen und Bussen angebracht. Fahrgäste werden angehalten, jegliche Vorfälle von Diskriminierung, Belästigung oder Gewalt zu melden. Die zuständigen Behörden versichern darin, dass Meldungen über verbale und körperliche Übergriffe ernst genommen und verfolgt werden. Diese Maßnahme folgt einem erfolgreichen Beispiel der Stadt Edinburgh.

Bericht

Die Umsetzung des 10PP wird gemäß Statuten der ECCAR evaluiert und ein Bericht an den wissenschaftlichen Beirat der ECCAR zu Beratung übermittelt. Zu diesem Zweck wird der Menschenrechtsbeirat die zuständigen Abteilungen um Auskunft zum Stand der Umsetzung und der Ergebnisse ersuchen.

War diese Information für Sie nützlich?

Danke für Ihre Bewertung. Jeder Beitrag kann nur einmal bewertet werden.

Die durchschnittliche Bewertung dieses Beitrages liegt bei ( Bewertungen).

Menschenrechtsbeirat