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Aus dem Gemeinderat V: Misstrauensantrag

11.04.2019

Misstrauensantrag gegen Vizebürgermeister Eustacchio abgelehnt

Grünen-Klubobmann Karl Dreisiebner brachte den Misstrauensantrag im Namen von Grüne, KPÖ, SPÖ und NEOS ein.
Grünen-Klubobmann Karl Dreisiebner brachte den Misstrauensantrag im Namen von Grüne, KPÖ, SPÖ und NEOS ein.© Stadt Graz/Fischer

In einer separaten Sitzung wurde um 18 Uhr ein Misstrauensantrag gegen den FPÖ-Vizebürgermeister Mario Eustacchio eingebracht.

Der Grüne Klubobmann Karl Dreisiebner brachte den Antrag gemäß §25 in Verbindung mit §27 des Statuts der Landeshauptstadt Graz für die Fraktionen der Grünen, KPÖ, SPÖ sowie den NEOS ein.

Dreisiebner dazu: „Morgen ist hoffentlich ein Tag, der folgendes ergeben wird: Es wird am zweitwichtigsten Sessel der Stadt Graz - dem des Vizebürgermeisters - keiner mehr sitzen, der den als rechtsextrem eingestuften Identitären so nahe steht. Vor ziemlich genau einem Jahr war Mario Eustacchio bei einem Congress der 'Verteidiger Europas'. Dort hat er die Menschenrechte als 'Verwirrung der 1968er' dargestellt. Jetzt steht Graz mit diesem Vizebürgermeister wieder am Scheideweg. Seien Sie konsequent und stimmen Sie dem vorgelegten Misstrauensantrag zu."

Als nächstes meldete sich NEOS-Gemeinderat Nikolaus Swatek zu Wort: "Wir tragen den Titel der Menschenrechtsstadt mit Stolz. Dieser Titel bringt jedoch auch Verantwortung mit sich. Im krassen Gegensatz zu den Menschenrechten steht die Identitäre Bewegung. Genau diese Bewegung haben Sie verteidigt, Herr Vizebürgermeister. Das ist einem Vizebürgermeister in einer Stadt der Menschenrechte nicht würdig." 

Auch KPÖ-Klubobmann Manfred Eber meldete sich am Rednerpult zu Wort: "Die Aussagen des Herrn Vizebürgermeisters sind auch aus meiner Sicht untragbar. Man kann zum Schluss kommen, dass zwischen ihn und die Identitären kein Blatt Papier passt. Ich möchte die Frage stellen: Wie offenbart sich dieses Weltbild in der tagespolitischen Debatte? Ich vermisse eine Sensibilität des Vizebürgermeisters. Irgendwo ist einmal ein Punkt erreicht, der nicht unter die Meinungsfreiheit fällt."

Für die SPÖ sprach Klubobmann Michael Ehmann: "Eigentlich ist es bedauerlich, dass wir heute hier stehen müssen und diesen Antrag behandeln müssen. Ich war immer der Meinung, dass es einen Grundkonsens in dieser Republik über alle Parteigrenzen hinaus gibt. Ein Konsens gegen Faschismus, Rechtsextremismus und Intoleranz. Für uns ist die Distanzierung von Mario Eustacchio zu den Identitären nicht um fünf vor zwölf, sondern um fünf nach zwölf passiert. Wir zweifeln daran, dass sich an der Gedankenwelt des Vizebürgermeisters wirklich etwas geändert hat."

FPÖ-Gemeinderätin Claudia Schönbacher äußerte sich wie folgt: "Von Seiten der FPÖ ist alles gesagt. Es hat ein eindeutiges Interview von Mario Eustacchio sowie von Mario Kunasek gegeben. Außerdem gab es eine klare Presseaussendung, die alles aussagt. Für uns zeigt sich, dass Sie sich lieber mit uns befassen, als mit echter politischer Arbeit. Wahrscheinlich fehlen Ihnen die guten Ideen, damit Sie die gute Koalitionsarbeit hier anpatzen müssen. Uns haben Sie damit nicht überzeugt. Wir vertrauen unserem Mario Eustacchio."

Schließlich ergriff Bürgermeister Siegfried Nagl das Wort: "Extremistische Ansichten politischer und religiöser Natur haben keinen Platz in Graz. Ja, auch ich war überrascht und betroffen, als Vizebürgermeister Eustacchio sein Statement zu den Identitären gemacht hat. Es gab Kritik, warum ich nicht sofort reagiert habe. Ich wollte zuerst denken und dann reden. Mario Eustacchio hat dem Wunsch aller anderen politischen Fraktionen entsprochen und sich klar distanziert. Ich will es ihm wachsam glauben. In den letzten beiden Jahren konnte ich mich von seiner Handschlagqualität überzeugen. Wie auch immer die Abstimmung heute ausgehen wird, ab morgen werden wir alle wieder zusammenarbeiten. Streiten wir nicht darüber, ob wir nach links oder rechts gehen. Gehen wir miteinander nach vorne."

SPÖ-Gemeinderätin Anna Robosch sprach im Anschluss: "Wenn wir ehrlich zueinander sind, muss man sagen: Wie konnte es nur soweit kommen? Wir wussten schon vor einem Jahr, dass sich Mario Eustacchio bei einem Kongress kritisch über die Menschenrechte geäußert hat. Wir wussten außerdem schon länger, dass die FPÖ sich keinesfalls von den Identitären distanziert. Wir wissen seit Jahren, wofür die FPÖ steht. Seit 2015 ist es so oft wieder passiert, dass die gleichen Politiker für die selben Inhalte eingetreten sind. Die anschließende Distanzierung ist mit jedem Mal unglaubwürdiger geworden."

Manuela Wutte, Gemeinderätin der Grünen, kommentierte den Misstrauensantrag am Rednerpult ebenfalls: "Es ist in der letzten Woche eine wahnsinnig halbherzige Distanzierung vonstatten gegangen. Der Kern des Problems ist, dass Teile der FPÖ mit den Identitären völlig übereinstimmen. Der Misstrauensantrag ist hier der einzige Weg für uns, weil uns einfach nichts anderes mehr übrig bleibt. Das Mittel ist der Situation angemessen. Auf diese Zustimmung hoffe ich."

KPÖ-Stadtrat Robert Krotzer sprach als nächstes: "Die Geister, die ich rief, werde ich nicht mehr los - das gilt für die Grazer ÖVP. Schon 2014 hat FPÖ-Klubobmann Sippel hier im Gemeinderat wortwörtlich gesagt, dass er die Forderungen der Identitären Bewegung 'auch alle unterschreiben' kann. Es kann also niemand der hier Anwesenden - und insbesondere die Vertreter der ÖVP - so tun, als hätten sie vergangene Woche etwas vollkommen Neues erfahren über die Querverbindungen zwischen der FPÖ und den Identitären.

Die Grüne Stadträtin Judith Schwentner meinte: "Ich verstehe den Misstrauensantrag der Opposition als Angebot an die ÖVP-Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, sich von der FPÖ abzugrenzen. Ich empfinde die oberflächliche Abgrenzung der FPÖ zu den Identitären nicht als glaubwürdig. Einiges steht außer Streit: die Demokratie, die Gewaltfreiheit sowie die Menschenrechte. Wie kann ein Vizebürgermeister einer Menschenrechtsstadt die Menschenrechte so verhöhnen?"

Bürgermeister Nagl wählte die Gemeinderäte Peter Piffl-Percevic und Andreas Fabisch für die Auszählung der Abstimmungsergebnisse aus.

Abstimmung: Misstrauensantrag wurde abgelehnt.

Eine geheime Wahl der Gemeinderäte brachte folgendes Ergebnis:

Stimmen für den Misstrauensantrag: 19

Stimmen gegen den Misstrauensantrag: 27

Der Misstrauensantrag wurde daher abgelehnt.

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