"Es sollte nicht nach Werbung aussehen"
"Meine Erwartungshaltung hat sich bestätigt", erklärte Herms Fritz zunächst nüchtern, dann fügt der Grazer Universalkünstler hinzu: "Ich bin zufrieden mit der Umsetzung. Es sollte nicht nach Werbung aussehen. Und das tut es auch nicht."
Heute Morgen fand die Präsentation jener Straßenbahn der Graz Linien statt, die anlässlich 20-Jahre-UNESCO-Weltkulturerbe historische Altstadt mit einem Kunstwerk von Herms Fritz beklebt worden war. Das Werk, das aus einem Zyklus mit Nah- und Fernwirkung stammt, macht sich sehr gut auf der Bim und soll ein Jahr lang den Grazerinnen und Grazern sowie den Gästen der Stadt das Thema Weltkulturerbe "sichtbar machen", wie es Bürgermeister Siegfried Nagl bezeichnete.
Mobiles, großflächiges Kunstwerk mit Breitenwirkung
Aber nicht nur das Thema Weltkulturerbe findet sich mit einem eignes kreierten Logo (Agentur achtzigzehn in Zusammenarbeit mit der Stadtbaudirektion) auf der Straßenbahn, sondern auch jenes der "City of Design" und der "Menschenrechtsstadt Graz".
"Der Versuch einer möglichst breiten Wirkung ist hiermit gelungen", stellte Bürgermeister Nagl beim heutigen Roll-out fest. Herms Fritz verriert, dass er ohnehin schon länger auf der Suche nach einer geeigneten, entsprechend großen Fläche für sein Kunstwerk war. "Die Straßenbahn eignet sich gut dafür." Für Fritz ist es übrigens keine Premiere, wenn er nun sein Werk durch Graz rollen sieht: Vor rund 30 Jahren war das in Linz bereits der Fall. "Damals stellte die Beklebung aber eine äußerst aufwendige Arbeit dar und die Leute, die das machen mussten, waren sehr sauer auf mich, als sie hörten, welches Honorar ich für das zur Verfügung gestellte Werk bekam. Es war viel mehr im Vergleich zu ihrer Entlohnung." Herms Fritz hat die Truppe daraufhin zum Essen eingeladen.
Eröffnung ISG-Symposium im Schloss Eggenberg
Die Premierenfahrt der fröhlich bunten "Kunst-Bim" ließen sich auch einige der rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des vier Tage dauernden 10. Internationalen ISG-Symposiums nicht entgehen, das sich dem Thema "Forever old? Welterbestädte weiterbauen!" widmet.
Die offizielle Eröffnung ging bereits am gestrigen Abend im Schloss Eggenberg, einem steinernen Denkmal, das 2010 in die Liste der Weltkulturerbestädte aufgenommen wurde, über die Bühne. Das Stadtoberhaupt, das auch ISG-Präsident ist, begrüßte die Gäste aus Österreich, Polen, Schweiz, Kroatien und Deutschland: "Dieses Schloss ist keine Festung. Junge Familien, wie auch Senioren, verbringen ihre Freizeit im wunderbaren Park. Hier finden regelmäßig Konzerte statt, hier gibt sich Kunst und Kultur die Hand. Das Schloss ist ein zentraler Erinnerungsort, das den Kosmos des Wissens der damaligen Zeit abbildet", betonte Nagl die Bedeutung dieses Baudenkmals für die Stadt. Der Titel Weltkulturerbe verlange jedoch nicht nur die Erhaltung der steinernen Zeitzeugen, sondern eine sensible Einbettung der neuen Baukunst. Die Murinsel, das Kunsthaus, das Joanneumsviertel oder das Zaha-Hadid-Haus seien die besten Beispiele dafür, wie man die Symbiose zwischen Alt und Neu schaffe. Um die beste Qualität zu erhalten, setze die Stadt auf Architekturwettbewerbe, beratend zur Seite stehe die Altstadtsachverständigenkommission.
Der Titel Weltkulturerbe inkludiere jedoch auch Frieden und Menschenrechte - wichtige Grundlagen für das Zusammenleben in der Menschenrechtsstadt Graz. "Wo beides fehlt, kommt es zur Zerstörung der Kultur und in weiterer Folge zur Verletzung der Menschenrechte", gab Nagl zu bedenken. Eine zukunftsfähige Städteplanung müsse sich deshalb vor allem Gedanken über das Zusammenleben machen. Für das Stadtoberhaupt ist die Auszeichnung "20 Jahre Weltkulturerbe historisches Zentrum" nicht nur Anlass, sondern auch Verpflichtung, dieses Prädikat für die Grazerinnen und Grazer sichtbar zu machen. Neben der Berichterstattung in der BIG und der Sichtbarmachung durch die Welterbe-Bim werden im historischen Zentrum von Graz auch Schautafeln aufgestellt , die über das Thema breit informieren werden.
"Graz verfolgt einen klugen Plan und ein tiefgehendes Verständnis, was es ausmacht, eine Weltkulturerbestadt zu sein", lobte auch Landesrat Christopher Drexler. Die Stadt sei der lebende Beweis dafür, dass der Titel hier nicht zum musealen Stillstand geführt habe, sondern dass ein harmonisches Zueinanderfinden verschiedener Epochen gefördert werde. Und die Österreichpräsidentin der UNESCO-Kommission, Sabine Haag, betonte: "Die Auszeichnung Weltkulturerbe ist kein Preis, den man entgegen nimmt, sondern eine Verantwortung und Anregung, weiterzuarbeiten." Manche Städte würden die Auszeichnung als "Hemmschuh" empfinden, sie hätten Schwierigkeiten, den Schutz des Alten mit dem Fortschritt unter einen Hut zu bringen. Aber: "Die Aufnahme ist nicht das Ende der Reise, ganz im Gegenteil. Es handelt sich nicht um Grabdenkmäler, um tote Museen, sondern um gelebte Stadtzentren. Ziel ist es, das Weltkulturerbe für uns und die folgenden Generationen zu bewahren, weiterzuführen und weiterzubauen und so die Weiterentwicklung nicht als Gefahr, sondern als Chance für die Zukunft zu sehen."
Nach einem kurzen Streifzug durch die Historie des Schlosses Eggenberg von Sammlungskurator Paul Schuster ging es zu einem gemeinsamen Picknick in den Schlosspark. Zum Abschluss hatten die TeilnehmerInnen noch die Möglichkeit, die Prunkräume bei Kerzenlicht zu bewundern.