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Aus dem Gemeinderat II: General- und Spezialreden

12.12.2019

Die Generalreden

Auf die Präsentation des Budgets folgten die 20-minütigen „Generalreden“ der Parteien. Jeweils eine Gemeinderätin/ein Gemeinderat traten ans Rednerpult.

Politische Umsetzung mit Ausdauer und Leidenschaft

Peter Piffl-Percevic, ÖVP
Peter Piffl-Percevic, ÖVP

Für die ÖVP hielt Ehren-Clubobmann Peter Piffl-Percevic die Generalrede: „Dieser Tag hat mit einem guten Budget begonnen. Ich hoffe, er wird mit einer Zustimmung enden. Das Budget ist das Blut im Körper der Stadt. Die Budget-Debatte ist eine Standortbestimmung. Die größte Herausforderung ist das Bevölkerungswachstum, für uns alle eine enorme Vorlage. Wir wollen eine offene Stadt der Menschenrechte sein und uns dieser Entwicklung stellen. Wir müssen aber verwaltungsgrenzenüberschreitend handeln.

Wir bebauen mit Reininghaus, Smart City und dem Brauquartier ein Viertel der Flächen, die für Industrie und Gewerbe gewidmet sind. Wir behalten aber genügend Grundstücke für die Industrie und gesicherten Grünraum. 91,3 Prozent der GrazerInnen leben gern oder sehr gern in Graz. Hier müssen wir beständig weiterarbeiten. Wir entwickeln die Stadt und bewahren, was wir an ihr so schätzen. Es gibt eine erhöhte Anforderung an das regionenüberschreitende Handeln, dies ist auch ein Appell an das Land. Es geht um die politische Umsetzung unserer Verantwortung, mit Ausdauer und Leidenschaft.“

KPÖ lehnt das Budget ab

Drei Eigenschaften müsse ein gelungenes Budget haben, analysierte KPÖ-Gemeinderätin Sahar Mohsenzada: „Alle Fixkosten müssen gedeckt sein. Wichtige Investitionen dürfen die Stadt nicht langfristig in den Ruin treiben. Das Budget muss ein soziales Gesicht haben.“ Punkt 1 betrachtet Mohsenzada als erfüllt. In Punkt 2 unterschied sie „gute" und „schlechte" Schulden. „Gute" für Fernwärmeausbau, Straßenbau-Ausbau oder den neuen Sturzplatz. „schlechte" für den Zentralen Speicherkanal oder die Vorarbeiten für die Plabutsch-Gondel.

Hat das Budget ein soziales Gesicht? Dies verneinte Mohsenzada. Manche Gebühren würden jährlich erhöht. Es gibt neue rigide Regelungen für den Anspruch auf eine Gemeindewohnung. Aber für (Eigen-)Werbung und Marketing würden Unsummen ausgegeben. „Doch die Stadt soll ein Gemeindewesen sein, das für alle seine Bürgerinnen und Bürger da ist – kein Selbstbedienungsladen und kein Topf zur Realisierung von Prestigeprojekten." Damit begründete Mohsenzada, dass die KPÖ dem Budget nicht zustimmen werde.

Verantwortung übernehmen, Zukunft gestalten

Berno Mogel, FPÖ
Berno Mogel, FPÖ

Berno Mogel ergriff für die FPÖ das Wort:  „Dies ist ein stabiles und mutiges Budget, mit visionären Projekten für alle Grazer. Das Budget ist gekennzeichnet durch Verantwortung und Umsetzung. Ich fordere die Opposition auf: Tragt’s das Budget mit!" Mogel sprach zehn Punkte an:

  • Gemeindewohnbau (kürzere Wartezeiten; eigener Wohnbau)
  • Zukunftsweisende Verkehrsplanung; Straßenbahnausbau
  • Aufstockung des Personals in der Verwaltung
  • Gewährleistung des Wirtschaftsstandorts und der Versorgungssicherheit
  • Sicherung des Lebensraums
  • Gewährleistung der Sicherheit der GrazerInnen
  • Umsetzung des Kulturjahres 2020 
  • Soziales: Neustrukturierung der SozialCard
  • Sportjahr 2021 mit 5,5 Millionen Euro Förderung  
  • Der Umweltfonds mit 30 Millionen Euro als Meilenstein

In Zahlen gegossene Mutlosigkeit

Die Grüne Generalrede hielt Andrea Pavlovec-Meixner: „Es gibt in Graz blinde Flecken in der Politik. Die Rückeroberung des öffentlichen Raums sowie des Raums für den motorisierten Individualverkehr sind solche. Die aktuelle Koalition ist von Mutlosigkeit geprägt und das spiegelt sich auch im Budget wieder. Aus diesem Budget geht leider auch nicht hervor, welche Projekte aus dem Investitionsfonds finanziert werden. Transparenz sieht anders aus!"

Zum Thema Klimaschutz ergänzte sie: „Wir Grünen nehmen dieses Thema seit Jahren sehr ernst. Wir fordern auch den Bürgermeister auf, dies zu tun und mutig und entschlossen beim Klimaschutz vorzugehen. Die bisherigen Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus. Wir müssen die Bemühungen intensivieren und eine Energie- und Verkehrswende herbeiführen. Wo sind die Projekte zur Verkehrsberuhigung in diesem Budget? Diese sind nicht enthalten. Wo sind die großen Grünraumprojekte in den dicht bebauten Bezirken? Unsere Umweltstadträtin hat ein Konzept für 'Grüne Meilen' entwickelt, die in vielen Bezirken gut angenommen wurden. Wann wird unser Bürgermeister diese Idee aufgreifen?" Aus diesen Gründen werden die Grünen dem Budget in der vorliegenden Version nicht zustimmen.

Weg in den finanziellen Abgrund

Gerald Haßler, SPÖ
Gerald Haßler, SPÖ

Gerald Haßler von der SPÖ hielt für seine Partei die Generalrede: „Dieses Budget ist ruinös und erhöht den Schuldenstand der Stadt Graz weiter. Es werden unnötige Seifenblasen-Projekte umgesetzt, die viel Geld verschlingen. Mir fehlen in diesem Budget Transparenz, Zielorientierung und Nachhaltigkeit. In der Grazer Politik gibt es derzeit viel Fassade und wenig Substanz. Das spiegelt auch das aktuelle Budget wider. Dieses Budget ist eine Wundertüte, die uns sehr viel kosten wird. Es ist ein Weg in den finanziellen Abgrund, den die schwarz-blaue Koalition uns in diesem Budget beschert."

Für die Zukunft sieht Haßler mit dem aktuellen Kurs schwarz: „Jede Umsetzung aus Töpfen wie dem Investitionsfonds oder dem Klimafonds erhöht unseren Schuldenstand. Euer Motto scheint zu lauten: ‚Was du heute nicht bezahlen kannst, das verschiebe auf übermorgen.' Unsere Kinder werden es schon richten! Unser Schuldenstand wird bald so groß sein, wie eineinhalb städtische Jahresbudgets. Ich frage mich, was das über dieses Budget sagen soll? Ein hoffnungsloser Fall!". Die SPÖ werde daher dem Budget nicht zustimmen, so Haßler.

Politik auf Kosten der Jungen ist unverantwortlich

Bei seiner dritten Budgetrede fühlte sich NEOS-Gemeinderat Niko Swatek an den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier" erinnert. „Wir machen Schulden. Schon wieder. Der Schuldenberg steigt. Schon wieder. Die schwarz-blaue Koalition landet bei 1,4 Milliarden Euro Schulden. Der Finanzstadtrat ist heute nicht inhaltlich in die Tiefe des Budgets gegangen, sondern hat die Neuverschuldung klein geredet. Sie haben oft das Wort Stabilität verwendet. Aber der Schuldenstand ist seit 2010 um 40 Prozent gestiegen. Wir haben viele offene Themen mit vielen offenen Investitionen - aber wir haben jetzt schon so hohe Schulden. Wir hängen den jungen Leuten einen Schuldenrucksack um. Diese Politik auf Kosten der Jungen halte ich für unverantwortlich. 
Den Regierungsparteien fehlt der Mut, das Budget auf Vordermann zu bringen. In den letzten Jahren, in der Hochkonjunktur, hätten wir das Budget sanieren können. So zahlen wir jährlich 30 Millionen Euro nur an Zinsen für unsere Schulden. Bald wird uns eine sinkende Konjunktur treffen. Es sollte bewusst sein, dass man nicht in Saus und Braus leben kann. Ich kann dem Budget leider nicht zustimmen."

Die Sitzung wurde um 12.50 Uhr unterbrochen und geht um 14.15 Uhr weiter.

Die Spezialreden

Nach der Mittagspause folgten die 10-minütigen „Spezialreden“ der Parteien. Jeweils eine Gemeinderätin/ein Gemeinderat traten ans Rednerpult.

Sicherheit genießt in Graz hohe Priorität

Sabine Wagner, ÖVP
Sabine Wagner, ÖVP

Die Spezialreden eröffnete Gemeinderätin Sabine Wagner von der ÖVP: „Ich lebe seit über 50 Jahren in Graz. Ich bin hier geboren und aufgewachsen und habe die Entwicklung dieser Stadt seit vielen Jahren aus der ersten Reihe erlebt. Aufgrund meines beruflichen Backgrounds als Polizistin steht die Sicherheit für mich dabei an erster Stelle. Die Sicherheit ist in Graz über alle Generationen hinweg ein großes Thema. Besonders für SeniorInnen wird hier vieles getan, damit sich unsere Seniorinnen und Senioren angenommen fühlen. So gibt es in Graz das SeniorInnenbüro sowie diverse ehrenamtliche Vereine, die in Graz Angebote schaffen. Auch die öffentliche Hand übernimmt ihre Verantwortung. Das spiegelt sich in diesem Budget deutlich wieder, da es weit über die Daseinsvorsorge hinausgeht. Graz wird damit eine lebenswerte und sichere Stadt bleiben."

Volksbefragung gegen die Plabutschgondel

Wie seine Kollegin Sahar Mohsenzada ging auch KPÖ-Klubobmann Manfred Eber auf das Thema Gemeindewohnungen ein. Durch die neuen Richtlinien für die Zuweisung einer Wohnung hätten sich die Bedingungen für alle BürgerInnen verschärft. Prekäre Wohnverhältnisse würden zunehmen. Deshalb trete die KPÖ für grundsätzlich unbefristete Mietverträge, Mietzinsobergrenzen und die Abschaffung von Maklerprovisionen für MieterInnen ein. Weiters setze sich die KPÖ für eine Abschaffung der Automatik bei den Gebührenerhöhungen bzw. für einen Gebührenstopp ein. Um die Plabutschgondel endgültig zu verhindern, werde die KPÖ eine Volksbefragung nach dem Steiermärkischen Volksrechtegesetz in die Wege leiten und 10.000 Unterschriften sammeln.

Ideen kreieren und umsetzen

Claudia Schönbacher, FPÖ
Claudia Schönbacher, FPÖ

Gemeinderätin Claudia Schönbacher ergriff für die FPÖ das Wort. „Uns als Koalition ist es wichtig, den Wirtschaftsstandort Graz zu attraktivieren und Chancen auf Arbeit zu geben, denn dann ist niemand angewiesen auf soziale Leistungen. Unsere Bemühungen zielen auf ein selbstständiges und selbstverantwortliches Leben der BürgerInnen ab. Dazu drei Beispiele: Wir haben österreichweit einzigartig den Erhebungsdienst gegen sozialen Missbrauch. Bei der SozialCard haben wir Gutscheine eingeführt, das bringt Selbstbestimmung. Für das subjektive Sicherheitsgefühl haben wir das Heimwegtelefon. Damit betreuen wir bereits 600.000 ÖsterreicherInnen in Linz, Amstetten und Wiener Neustadt. Wir nehmen Herausforderungen an, kreieren Ideen dazu und setzen diese um."

Den GrazerInnen besser zuhören

Für die Grünen schritt Gemeinderätin Manuela Wutte bei den Spezialreden ans Rednerpult: „Lieber Herr Bürgermeister, bei jeder Gelegenheit präsentieren Sie Graz stolz als Stadt der Menschenrechte. Beim Budget habe ich nicht den Eindruck, dass Sie allzu viel Gedanken an die Menschenrechte verschwenden. Auch die Bedürfnisse der Grazerinnen und Grazer nehmen Sie nicht ernst. Meiner Meinung nach hören Sie den Grazerinnen und Grazer nicht zu. Die Menschen in Graz wollen keine Luftschlösser, sondern eine Politik, die sie in ihrem täglichen Leben unterstützt. Zum Beispiel mit leistbarem Wohnen. Eine Gemeindewohnbauoffensive suche ich in diesem Budget vergeblich. Hier muss ich noch deutlich mehr getan werden."

Zu wenig und zu spät

Anna Robosch, SPÖ
Anna Robosch, SPÖ

„Ein Budget zeigt, welche Prioritäten eine Regierung hat", begann SPÖ-Gemeinderätin Anna Robosch. „Unser Bürgermeister jagt seit Jahren Prestigeprojekten nach, die nicht die Probleme unserer Stadt lösen. Das große Problem unserer Zukunft wird die Klimakrise sein. Sie haben Millionen freigegeben für einen Klimafonds. Das hat Hoffnung geweckt, dass wir gemeinsam an der Bekämpfung der Klimakrise arbeiten. Doch Ihre Projekte schauen mir nicht nach einem Umdenken aus. Ihr Klimabeirat ist so intransparent wie die Klima-Millionen. Sie verkaufen die Zukunft und Lebensgrundlage der jungen Menschen für einen billigen PR-Gag. Wo ist das Geld für die echte Verkehrswende? Für die Stadtkühlungsoffensive? Ihr sagt, ihr seid die Verantwortungsträger, aber in der Klimakrise schlaft ihr. Fazit aus diesem Budget: zu wenig und zu spät."

Zusammenfassung: Roman Sommersacher/Angela Schick

Fotos: Stadt Graz/Foto Fischer, Pachernegg

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