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Fördercall für Projekte gegen Vereinsamung startet

Zusammenhalt Graz

10.02.2020
Sandra Schimmler (Sozialamt) und Sozialstadtrat Kurt Hohensinner
Sandra Schimmler (Sozialamt) und Sozialstadtrat Kurt Hohensinner© Stadt Graz/Fischer

„Einsamkeit und das Gefühl unerwünscht zu sein, ist die schlimmste Armut", hat Mutter Theresa sehr treffend formuliert. Gerade in den urbanen Räumen merkt man derzeit, dass das Problem Vereinsamung immer stärker spürbar wird, so auch in Graz. Sozialstadtrat Kurt Hohensinner will sich diesem wichtigen Thema nun verstärkt annehmen: „Vereinsamung ist ein sehr komplexes Thema, das alle Generationen und alle gesellschaftlichen Schichten treffen kann. Gerade im Sozialressort aber auch darüber hinaus merken wir, dass das Phänomen Vereinsamung immer stärker spürbar wird. Derzeit sind knapp unter 50 Prozent der Grazer Haushalte Single-Haushalte. Alleine zu leben und alleine zu wohnen sucht sich nicht jeder freiwillig aus, und oft geht mit dem Alleine Leben auch die Einsamkeit einher." Seit Ende des vergangenen Jahres stellt das Sozialressort nun verstärkt das Thema Vereinsamung in den Mittelpunkt. „Soziale Politik heißt für Menschen in all ihren unterschiedlichen Lebenssituationen da zu sein und gerade jenen Menschen zu helfen, die es selbst nicht mehr können. Als Sozialstadtrat ist es mir ein besonderes Anliegen gezielte Strategien aufzuzeigen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Graz zu stärken und um die Vereinsamung in Graz einzudämmen", so Hohensinner.

60.000 Euro Gesamtvolumen

Als Startschuss für die Bemühungen gegen Vereinsamung fand im vergangenen Herbst eine Fachtagung zum Thema im Grazer Rathaus statt. Aufbauend auf deren Ergebnisse wurde nun als weiterer Schritt ein Fördercall mit speziellem Schwerpunkt konzipiert. Ab sofort und bis 8. März 2020 können entsprechende Projekte, die zur Vermeidung von Vereinsamung und sozialer Isolation beitragen, beim Sozialamt eingereicht werden. Insgesamt steht ein Gesamtfördervolumen von 60.000 Euro zur Verfügung. Die maximale Förderhöhe pro Projekt liegt bei 5.000 Euro. Umsetzungszeitraum für die einzelnen Projekte ist der 1. Mai bis zum 15. November 2020. Förderungsansuchen können mittels Online-Formular auf graz.at eingebracht werden. Als Entscheidungshilfe für die Beurteilung werden Kriterien nach dem „EASE" Programm (von John Cacioppo, University of Chicago) herangezogen. EASE bedeutet:

  • extent (ausweiten) - zwischenmenschlichen Aktionsradius erweitern, neue Räume, Kontakte ausprobieren. 
  • action (Aktivität) - nur eigene Aktivität führt aus der Einsamkeit. Betonung auf das aktiv werden für das eigene Wohlbefinden!
  • selectiv (aussuchen) - Wichtig ist zudem, die besten Beziehungen auszusuchen und zu verstärken, das heißt zu selektieren. 
  • expect the best (das Beste erwarten) - nicht aus Angst vor Zurückweisung im Zustand der Einsamkeit verharren.

Aktionsplan gegen Vereinsamung

Die Beurteilung aller Projekte erfolgt im Laufe des März. Die ausgewählten Projekte werden ein Teil des Aktionsplans gegen Vereinsamung sein, der dann Anfang April präsentiert werden soll. In diesen werden darüber hinaus auch weitere Maßnahmen einfließen. Für November/Dezember 2020 ist eine Abschlussveranstaltung geplant.

Rückschau: Fachtagung

Als Startschuss für die Bemühungen gegen Vereinsamung fand am 20. November 2019 im Grazer Rathaus eine Fachtagung unter dem Titel „Zusammenhalt Graz - Herausforderung Vereinsamung" statt. Ziel war es, das Phänomen Vereinsamung aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, aber auch Good-Practice-Projekte vorzustellen und zukünftige Maßnahmen zu diskutieren. Herzstück waren die beiden Impulsreden. Psychiater und Bestseller-Autor Reinhard Haller widmete sich den psychologischen Aspekten hinter der Einsamkeit. Von Narzissmus über Sucht bis hin zu Depressionen und weiteren gesundheitlichen Auswirkungen. Erstaunlich: 10-12 Prozent der Bevölkerung leiden laut aktueller Studien an Depressionen, 25 Prozent machen in ihrem Leben zumindest eine schwere Depression durch. Die zahlreich erschienenen Gäste im Grazer Gemeinderatssaal beschäftigte er auch mit der Frage wie es sein könne, dass in einer vernetzten Welt immer mehr Menschen das Gefühl haben einsam zu sein. Genau dieser „Einsamkeit in der Connected Society" widmete sich danach die Zukunftsforscherin Oona Horx-Strathern. Sie tat das anhand von mehreren globalen Megatrends, die sie ausführte, unter anderem „Silver Society", also dass Menschen zwar immer älter werden, gleichzeitig aber mit fortschreitendem Alter auch in Gesundheit und Mobilität eingeschränkt sind. Auch die Megatrends „Individualisierung" und „Konnektivität" führte sie aus und zeigte auf, welche Risiken, diese in puncto Vereinsamung mit sich bringen können. Im Anschluss an die Impulsreden wurde in Arbeitsgruppen weiter diskutiert und vernetzt. Unter anderem wurden auch Good-Practice-Beispiele der Stadt Graz präsentiert, wie Vereinsamung vorgebeugt werden kann. Etwa „Points4Action", wo junge Menschen Aktivitäten mit Bewohnern von Altenheimen durchführen, aber auch das Programm „Besuch & Buch" der Stadtbibliothek, in dem Bücherboten Menschen mit Büchern und Geschichten besuchen.  

Michael Wildling

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