Seit ein paar Tagen sind aktuelle Ergebnisse im stets wachsenden KIS – Klimainformationssystem – der Stadt Graz online abrufbar. „Was klingt wie ein toller Bandname, ist der Zusammenarbeit und dem Know-how vieler Menschen zu verdanken. Wenn Expertinnen und Experten in und außerhalb der Stadt Graz zusammenarbeiten, Daten sammeln und Prognosen sichtbar machen, dann liefern sie die Grundlagen dafür, dass wir in der Politik die hoffentlich guten Entscheidungen für die Zukunft treffen können", bedankte sich Vizebürgermeisterin Judith Schwentner beim KIS-Empfang im Stadtsenatssitzungssaal des Grazer Rathauses bei den vielen Mitstreiter:innen.
Warum es objektivierbare Daten und daraus entwickelbare Modellierungen und Simulationen braucht, erklärte Stadtbaudirektor Bertram Werle: „Das Klima-Thema ist in jeder Debatte spürbar, klimaökologisch wichtige Entscheidungen sind zu treffen. Durch die Arbeit der Stadtvermessung hatten wir bereits gutes Material, das nun durch externe Partnerinnen und Partner nochmals aufgewertet wird. So ist es zum Beispiel relevant, wo bestehende Frischluftschneisen existieren. Dadurch wissen wir, wo und wie Gebäude errichtet werden können und der gewünschte Luftaustausch dennoch erhalten bleibt."
Dass Graz dabei nicht bei null anfängt, betonte Stadtplanungsamtsleiter Bernhard Inninger: „Die Stadtklimaanalysen haben bereits eine jahrzehntelange Tradition und am KIS wird nach dem Gemeinderatsbeschluss vor ziemlich genau einem Jahr kontinuierlich gearbeitet, es wächst stetig."
„Das Besondere am KIS", beschreibt die Leiterin des Stadtvermessungsamtes, Elke Achleitner, „ist, dass es etwas Vergleichbares noch nicht gibt. Messen und Abbilden sowie Datensammeln ist das eine, es braucht aber auch die Expertinnen und Experten, die das alles analysieren und somit Grundlagen für weitere Planungen liefern. Es ist entscheidend, über die Stadtgrenzen hinaus zu denken. Das ist uns etwa beim letzten Bildflug in Kooperation mit dem Land Steiermark gelungen, als ein 600 km2-großes Gebiet erfasst wurde. Hier ist vor allem der AG KIS zu danken."
Diese AG KIS besteht im städtischen Kernteam aus Winfried Ganster und Immanuel Karner (Stadtvermessungsamt) sowie Oliver Konrad (Stadtplanung) und Dominik Piringer (Umweltamt) und wird großteils durch den Klimaschutzfonds der Stadt Graz mit ~ 1,5 Millionen Euro finanziert.
Wie sehr sich Analysen und Datensammeln im Laufe der Jahre geändert haben, beschrieb Umweltamtsleiter Werner Prutsch recht launig: „Vor 20 Jahren war ich selbst mit Auswertungsrechnungen beschäftigt. Wir arbeiteten noch mit Papierschreiberrollen, Schwarz-Weiß-Kopierern, Schere und Uhu-Stick, um Pläne zusammenzustellen. Zum Glück wuchsen die technischen Möglichkeiten im Laufe der Zeit mit. Hier gilt ein großer Dank der Politik, die das ermöglicht. Jene Dimensionen und Qualitäten, in denen wir Bilder, Daten und Fakten brauchen, können wir als Kommune allein aber nicht liefern. Dass so viele Institutionen am Gelingen des KIS mitarbeiten, ist ein Erfolgsgarant."
Bereits seit Jahrzehnten mit der Stadt Graz um ein gutes Klima bemüht, ist Wolfgang Sulzer von der KFU, Institut für Geografie und Raumforschung. Er erstellte und erstellt gemeinsam mit seinem Team eine Vielzahl an Auswertungen, Analysen und Kartierungen. Gemeinsam mit der AG KIS beschreitet er in der Phase der Entwicklung und des Aufbaus des Klima-Informationssystems neue und innovative Wege.
Einer der weiteren angesprochenen Kooperationspartner ist Harald Rieder von der BOKU Wien, der zu diesem Systemaufbau gratuliert: „In Graz werden ganz neue Wege beschritten. Das Miteinander von Simulationen, Beobachtungen und Modellierungen ist entscheidend, damit die Stadt gute Strategien für die Klimawandelanpassungen entwickeln kann."
Auch das Land Steiermark ist beim KIS mit an Bord, wie Klimaschutzkoordinatorin Andrea Gössinger-Wieser bestätigt: „Natürlich benötigen wir die naturwissenschaftlichen und technischen Grundlagen, doch verstärkt sind es auch die sozialen Parameter, die wir systematisch erfassen und darstellen müssen: Wo sind im wahrsten Sinne des Wortes die Hot-Spots und wie kann ich diese so gestalten, dass sie künftig für die Bevölkerung an Lebens- und Aufenthaltsqualität gewinnen?"
Manuela Weissenbeck die im Land für das Geoinformationssystem verantwortlich zeichnet, befürwortet die KIS-Kooperation: „Es geht hier um die Gesamtregion, denn Klima hört nicht an der Stadtgrenze auf. Die Erkenntnisse können wir dann für die Regionalplanung sowie für einzelnen Gemeinden nutzen."
Als weiterer „Lieferant" für das KIS ist die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) mit dabei, bestätigt dessen Leiter Alexander Podesser: „Wir haben im Vergleich zu anderen Städten in Graz ein dichtes Messstationennetz. Was aber noch wichtiger ist: Wir verstehen uns als Gralshüter für ordentliche Daten – sprich achten auf die Qualität der Messdaten. Erst diese ermöglichen eine Berechnung der Zukunft."
Das kann KIS
Derzeit kann man Daten zur Thermalscannerbefliegung abrufen sowie das Messstationennetz in der Stadt unter die Lupe nehmen. Dieses wird gerade auf Qualitätsverbesserungen und Erweiterungen untersucht.
„Wir werden oft danach gefragt, wann das KIS denn nun fertig ist", erklärt Winfried Ganster von der Stadtvermessung, „die Antwort darauf ist: Letztendlich nie, denn es wird stetig wachsen und neue Erkenntnisse liefern. Es wird simulieren können, wie und welche Bauwerke, Materialien, Dämmungen, Begrünungen oder Oberflächenfarben sich auf ihre Umgebung und auf das Klima auswirken. Und schließlich aufzeigen, mit welchen Maßnahmen Klimawandelanpassung gelingen kann.“