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Zwei Persönlichkeiten der Kunst- und Kulturszene, die niemals angepasst, sondern stets mahnend und aufrüttelnd in ihrem jeweiligen Genre agiert haben, wurden heute mit einer der höchsten Auszeichnungen der Stadt Graz geehrt. Günter Brus, Aktionskünstler, Maler und Schriftsteller sowie Olga Neuwirth, Komponistin, Visual Artist und Autorin erhielten den Ehrenring der Stadt Graz aus den Händen von Bürgermeisterin Elke Kahr.
Grenzen überschreiten, Neues schaffen
Mit den Fanfahrenklängen des Grazer Bläserensembles schritten die Fest- und Ehrengäste in den für diesen Anlass speziell mit Blumenschmuck dekorierten Gemeinderatssaal. Nach dem Einzug und der Begrüßung durch die Bürgermeisterin, brachte diese Auszüge aus dem Leben der beiden Kunstschaffenden. So betonte Kahr in ihren Worten an Günther Brus, dass dieser nie gezögert habe, Grenzen zu überschreiten, verkrustete Strukturen zu sprengen, sich selbst stets neu zu erfinden und in jedem Lebensabschnitt auch neue darstellende Mittel für seine Kunst zu finden. Seit 1979 lebt Brus wieder in Graz und 2008 wurde ihm ein eigenes Museum, das "Bruseum" in der Neuen Galerie, eingerichtet, das sein Leben und Werk repräsentiert. Mehr als 40.000 Zeichnungen legen eindrucksvoll Zeugnis von seinem Schaffensreichtum ab. "Es ist mir eine Ehre, ihnen seitens der Stadt Graz diese Auszeichnung, die Anerkennung und Respekt zum Ausdruck bringt, zu überreichen", betonte die Bürgermeisterin bei der Übergabe des Ehrenrings und der dazugehörigen Urkunde.
Brus wurde neben seiner Gattin Anna von seiner Tochter Diana begleitet, die ihren Vater liebevoll stützte. Auf die Frage, wie sie als Kind des bekannten Künstlers gelebt hat, antwortete sie: "Ganz normal. Ich war ja in Berlin und nicht in Österreich, wo seine Kunst für Aufregung sorgte. Meine Mutter hat alles abgekriegt."
Veränderungswille und Gleichberechtigungsstreben
Auch Olga Neuwirth wurde mit dem Ehrenring der Stadt Graz für ihr umfangreiches Schaffen honoriert. Neuwirth wurde aber in der Landeshauptstadt geboren und von ihr geprägt, wie sie es in ihren Dankesworten selbst formulierte. "Als Kind habe ich viele Stunden staunend, lachend und schließlich total müde im Forum Stadtpark verbracht. Meine Eltern waren in der Kunstszene verankert und hatten mich immer mitgeschleppt." Prägend, wie sie sagt, waren auch die 1970er und -80er Jahre, die Zeit des sozialpolitischen Aufbruchs. "Die Luft des Veränderungswillens hat mich inspiriert. Ich wollte nicht schweigen, mir selbst misstrauen. Die Welt verlangt gekontert zu werden", ließ Neuwirth ihren kritischen Geist durchblitzen. Sie wies auf die noch immer bestehende Gender-Ungleichheit in der Kunst- und Kulturszene hin. Obwohl sie als erste Frau ein Auftragswerk (Orlando, eine Oper in 19 Bildern) für die Wiener Staatsoper schreiben durfte: "Wurde es nach fünf Aufführungen wieder vom Programm genommen, was bei meinen männlichen Kollegen wohl nie der Fall wäre." Uraufführung war am 8. Dezember 2019.
Olga Neuwirth, die ihre in ihrer Rede auch Günter Brus "mitnahm", sprach aus, was wohl für beide gleichermaßen Geltung hat: "Mein Ziel ist es Fragen zu stellen, wach zu rütteln und für persönliche wie berufliche Anliegen zu kämpfen, auch wenn ich schon etwas müder werde."