Am Sonntag, 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, lud Bürgermeisterin Elke Kahr zur Verleihung des Menschenrechtspreises der Stadt Graz. Gemeinsam mit Vizebürgermeisterin Judith Schwentner zeichnete sie vier Personen bzw. Institutionen für außergewöhnliche Leistungen um die Menschenrechte auf kommunaler Ebene aus.
"Der Menschenrechtspreis wird heuer zum 9. Mal ausgelobt", sagte die Bürgermeisterin zu Beginn der Feier. "Die Einreichungen wurden von der Jury auch dieses Mal in Hinblick auf die Förderung von Toleranz, Dialog und Versöhnung und auf ihre Wirkung im kommunalen Leben von Graz und darüber hinaus bewertet." Die Abwicklung erfolgte über das Friedensbüro.
"Gerade in einer Zeit, wo der Frieden nicht selbstverständlich ist und es nicht nur in fernen Ländern dazu kommt, dass Menschenrechte in Frage gestellt werden, ist es wichtig, dass sich die Menschenrechtsstadt Graz zu diesen Werten bekennt und jenen Menschen, die dafür - auf verschiedenen Ebenen - engagiert eintreten, danke sagt", unterstrich Elke Kahr. Seit dem Jahr 2000 darf sich Graz als erste Stadt in Europa „Stadt der Menschenrechte" nennen.
Begleitet von den berührenden Klängen des Duos Irina Karamarkovic und Denovaire erinnerte die ehemalige Vorsitzende des Menschenrechtsbeirats, Angelika Vauti, an die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember vor genau 75 Jahren durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet und von Elenor Roosevelt verlesen wurde.
Seit 2007 schreibt die Stadt Graz nun den Menschenrechtspreis aus. Die - erstmals - vier vergebenen Auszeichnungen wurden in Form von Urkunden in der Needle des Kunsthauses übergeben. Das auf 10.000 Euro aufgestockte Preisgeld ergeht an diese Preisträger:innen:
Preisträger Gerhard Draxler
Der Menschenrechtspreis der Stadt Graz 2023 wird dem früheren ORF-Landesdirektor Gerhard Draxler für sein Lebenswerk in der medialen Vermittlung menschenrechtlicher Haltungen zugesprochen. Konkret wegen der Profilierung des ORF Landesstudios Steiermark als Menschenrechtsstudio sowie der Durchführung von Projekten, etwa die auch am UN-Sitz in New York gezeigte multi-ethnische Porträt-Serie „Facing Nations" und die Medienpartnerschaft des ORF Steiermark mit „Kenne Deine Rechte".
Über Mitarbeitermotivation, das Ermöglichen und die Durchführung einer Vielzahl von Projekten mit menschenrechtsbezogenen Inhalten, setzte Draxler als ORF-Landesdirektor eine beispielgebende Entwicklung im und um das ORF-Landesstudio Graz in Gang. Er und sein Team griffen menschenrechtliche Fragen auf und gaben ihnen einen Stellwert. Dabei orientierte man sich insbesondere an der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte als Grundlage des demokratischen und friedlichen Zusammenlebens.
Für Graz und die lokale Menschenrechtsszene war die Öffnung des Landesstudios durch Draxler von großem Nutzen. Es wurden dadurch viele Diskussionsveranstaltungen und Präsentationen ermöglicht und medial begleitet; hingewiesen sei auf die Abschlussveranstaltung zum ersten Wahlkampfmonitoring im Februar 2008 oder auf die öffentliche Diskussion zum 15 Jahre Jubiläum der Menschenrechtsstadt 2016.
Zur Feier konnte Gerhard Draxler nicht persönlich anwesend sein, seine Urkunde wird er zu einem späteren Zeitpunkt entgegennehmen.
Preisträgerin Elisabeth Hufnagl
Die Auszeichnung von Elisabeth Hufnagl mit dem Menschenrechtspreis der Stadt Graz 2023 erfolgt für ihren lokalen Einsatz für Menschenrechte. Von der Jury besonders hervorgehoben wird die von ihr geleistete „Ermöglichung von und die Ermächtigung zur Teilhabe".
Elisabeth Hufnagls Verdienst ist es, den Aufbau der Stadtteilarbeit in Graz, vor allem im Bezirk Gries und der Triestersiedlung, entscheidend vorangetrieben zu haben. Sie steht außerdem für ein jahrelanges Engagement in der Kinder- und Jugendarbeit mit dem Ziel, die offene Jugendarbeit und Jugendzentren zu etablieren.
2010 hatte sie im Rahmen des Projektes „Gesunder Bezirk Gries - ein Bezirk zum Wohlfühlen" mit der Stadtteilarbeit begonnen. Ihrem persönlichen Einsatz ist es zu verdanken, dass ein kontinuierlicher Aufbau erfolgte und sich das Stadtteilzentrum „Triester" als gesellschaftlich-kommunikativer Fixpunkt in diesem Teil von Graz etablieren konnte. "Elisabeth Hufnagl versteht es, durch ihr immer offenes Ohr für alle Menschen im Grätzl da zu sein, einen niederschwelligen Zugang zum Austausch zu gewährleisten und einen Bogen zwischen den Bedürfnissen der Bevölkerung und der Umsetzung in ihrem direkten Umfeld zu spannen", betonte Bürgermeisterin Elke Kahr in ihrer Rede.
Sie schaffte es auch sozial benachteiligten Menschen einen niederschwelligen Zugang zur gesellschaftlichen Teilhabe zu verschaffen, Ängste abzubauen, was das Annehmen von Hilfsangeboten betrifft, und ihnen eine selbstbewusste Perspektiven zu geben.
Preisträger Verein "Woman Life Freedom Austria"
"Woman Life Freedom Austria" ist ein junger, sehr aktiver Verein von in Graz lebenden Austro-Iraner:innen, der die Unterstützung der Proteste im Iran gegen das menschenverachtende Regime der Mullahs im Fokus hat. Die Auszeichnung mit dem Menschenrechtspreis der Stadt Graz 2023 erfolgt für den internationalen Einsatz für die Menschenrechte, der laut Jury „unter hohem persönlichen Risiko" geleistet wird. Stellvertretend für die Mitglieder des Vereins nahmen Nassim Ghaffari und Bahdokht Mostofizadeh den Menschenrechtspreis 2023 entgegen.
Nach der Ermordung der 22-jährigen Masha Jina Amini im Sept. 2022 durch die iranische Sittenpolizei fanden sich einige Austro-Iraner:innen zusammen und gründeten in Graz den Verein „Woman Life Freedom". Man setzte sich zum Ziel, mutigen Frauen und Männern, die um den Preis ihrer Freiheit, ihrer Gesundheit oder gar ihres Lebens gegen das Unrecht in ihrem Lande aufstehen, solidarisch beizustehen und in Österreich eine Stimme zu geben. Seit 25. September 2022, dem Tag der 1. Solidaritätskundgebung am Grazer Hauptplatz, informieren diese Menschen unermüdlich auf Kundgebungen, bei Vorträgen, Diskussionen in Graz und Wien sowie über Social Media. Über das augenfälligste Ziel, dem Eintreten für die Frauenrechten hinaus engagiert sich der Verein für die Abschaffung von Todesstrafe und Folter, gegen die Diskriminierung aus politischen, religiöse und ethnischen Gründen; man setzt sich für die Anerkennung von Mitmenschen ein, die der LGBTQI+ Community angehören und tritt für die Verwirklichung von Demokratie, Pluralität und Gleichberechtigung im Iran ein.
Zudem schafft man hier ein Forum, in dem man sich über kulturelle und politische Themen des Irans austauschen kann.
Preisträgerin Ruth Kathrin Lauppert-Scholz
Die von der Ausgezeichneten Ruth Kathrin Lauppert-Scholz 2013 gegründete Kulturvermittlungseinrichtung „Granatapfel" leistet mit ihren Veranstaltungen kontinuierlich einen maßgeblichen Beitrag zum interkulturellen Dialog und zum friedvollen Zusammenleben aller Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft in Graz, fördert Toleranz und stellt Dialogräume zur Verfügung.
Im Fokus der Tätigkeit des Vereins „Granatapfel" steht die Vermittlung interkultureller, interreligiöser und religionssensibler Kompetenzen. Antidiskriminierung, Antisemitismusprävention und Diversitätsbewusstsein gehören zur grundlegenden Haltung, Ziele sind die Stärkung der politischen Bildung und des Demokratieverständnisses sowie Menschenrechtsbildung und Extremismusprävention.
Im Laufe der Jahre wurden verschiedene Veranstaltungsformate - vom Workshop bis zum Stadtspaziergang - erarbeitet und umgesetzt, wobei es thematisch in erster Linie um die Begegnung mit dem Judentum, um den jüdisch-islamischen Dialog sowie um Angebote zur Gedenk-und Erinnerungskultur und Antisemitismusprävention ging und geht. Hervorzustreichen ist die niederschwellige Reihe „TEA AND TALK. Verschieden.Gemeinsam.Intereligiös" als Angebot, das friedliche Zusammenleben in aufgewühlten Zeiten zu fördern.
Die Herangehensweise von Ruth Kathrin Lauppert-Scholz ist dabei stets partizipativ und dialogisch, immer sensibel und kompetent in Bezug auf Religion, Sprache und Kultur.
Der Plakatzyklus Strobl
Die Nahaufnahme einer Hand an den Zügeln eines Pferdes, abgesplitterter Nagellack in Pink, grober Wollstoff und jede Menge Pferdehaar - dazu die Worte: „Jede*r hat das Recht auf Gedanken- Gewissens- und Relegionsfreiheit." Es ist der Menschenrechtsartikel 18, den Künstlerin Iris Andraschek 2023 im Rahmen des Projekts Strobl rund um den Internationalen Tag der Menschenrechte darstellt. Einer von fünf, die nun zum dritten Mal im Rahmen einer Plakatserie im Grazer Stadtraum sichtbar gemacht werden.
Die insgesamt 30-teilige Plakatserie ist auf einen Zeitraum von sechs Jahren angelegt und basiert inhaltlich auf den 30 Artikeln der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948, also vor genau 75 Jahren, von den Vereinten Nationen verkündet wurde. Bis ins Jahr 2026 ensteht so ein Plakatzyklus im Rahmen des
Denk mal!-Projekts für den ehemaligen Kulturstadtrat und Menschenrechtsaktivisten Helmut Strobl gemeinsam mit der Grafikerin Karin Holzfeind.
Zum Menschenrechtspreis
Die Stadt Graz schreibt zweijährig einen Preis für besonderen Einsatz für Menschenrechte aus. Nominiert werden können Personen und Organisationen, die in Österreich und im europäischen Ausland besondere Leistungen für Menschenrechte auf kommunaler Ebene erbracht haben. Die Einreichungen werden im Hinblick auf die Förderung von Toleranz, Dialog und Versöhnung und auf ihre Wirkung im kommunalen Leben bewertet - sowohl für das aktuelle Engagement als auch für das Lebenswerk.
Der von der Stadt Graz ausgelobte, auch teilbare Preis im Wert von nunmehr insgesamt 10.000 Euro, wird von einer Jury zugesprochen. Der Grazer Menschenrechtspreis wird seit 2007 verliehen.
Details dazu gibt es auch beim Grazer Friedensbüro.