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Die Stadt Graz trauert um Günter Brus

12.02.2024
Trauer um Günter Brus
Trauer um Günter Brus© Stadt Graz/Fischer

Der Maler, Zeichner, Aktionskünstler, Bild-Dichter und Literat Günter Brus ist am Samstag im Alter von 85 Jahren gestorben. Er zählt zu den wenigen zeitgenössischen Künstlern Österreichs, die mit ihrem Werk einen bleibenden Platz in der internationalen Kunstgeschichte gefunden haben.

Bürgermeisterin Elke Kahr: „Günter Brus war weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt und bedeutend. Mit seiner Kunst hat er nicht nur bleibende Spuren hinterlassen, er hat auch wichtige Anstöße für gesellschaftliche Veränderungen gegeben. Mein Mitgefühl gilt seiner Familie und allen, die mit seinem Schaffen eng verbunden sind."

Vizebürgermeisterin Judith Schwentner: „Mit Günter Brus verliert Graz einen unserer Stadt eng verbundenen Weltkünstler, der mutig gesellschaftliche Tabus aufgegriffen und in seine individuelle Kunstsprache übersetzt hat. Als einer der Gründer des Aktionismus ist er Vorreiter für unzählige Künstlerinnen und Künstler und hat den gesellschaftspolitischen Kunstdiskurs in Österreich etabliert. Ich bin sehr traurig über diesen unermesslichen Verlust für die Kunstwelt, für Graz und natürlich für seine Familie, der ich mein tiefes Beileid ausdrücke. In seinem zeitlosen Werk und im Gedenken der Stadt wird der große Künstler und große Mensch Günter Brus weiterleben."

Im vergangenen Jahr wurde ihm der Ehrenring der Stadt Graz verliehen.

Das Leben von Günter Brus

Günter Brus wurde 1938 in Ardning geboren und wuchs in Mureck auf. Sein zeichnerisches Talent ermöglichte es ihm, die Kunstgewerbeschule in Graz zu besuchen und danach Malerei an der Akademie für angewandte Kunst in Wien zu studieren.

In Wien erlebte er erstmals Werke des österreichischen Frühexpressionismus und lernte unter anderem den Künstler Alfons Schilling kennen. Gemeinsam mit ihm unternahm er 1960 eine Reise nach Mallorca, wo er mit der Kunst des abstrakten Expressionismus in Berührung kam, die eine Zäsur in seinem Werk zur Folge hatten. Seine informellen Arbeiten aus dieser Zeit waren der Versuch, aus dem klassischen Medium „Tafelbild" auszubrechen und die Grenzen der Leinwand zu sprengen.

Für seine erste Aktion „Ana" bemalte Brus 1964 zunächst einen Raum mit Gegenständen durchgehend weiß und erweiterte den Bildraum der Leinwand so ins Dreidimensionale. Im zweiten Schritt rückte er den Körper in den Fokus, bemalte die Gegenstände, seine Frau Anna und sich selbst schwarz. In der darauffolgenden Aktion „Selbstbemalung" teilte er seinen weiß bemalten Kopf mit einer schwarzen Linie und konfrontierte ihn mit verletzenden Gegenständen wie Messer, Axt oder Schere.

Solcherart künstlerisch verwandelt, marschierte Brus quasi als lebendes Kunstwerk im Juli 1965 über den Wiener Heldenplatz Richtung Stephansplatz, wo er von der Polizei angehalten wurde und in weiterer Folge wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses" eine Verwaltungsstrafe zahlen musste. Die Aufnahmen zählen heute zu den ikonischen Bildern der Nachkriegskunst.

Brus gilt als Pionier der „Body Art". Auch später sollte er seinen Körper bis zur Selbstverstümmelung ins Zentrum seiner Kunst stellen. Zu seinen bekanntesten Performances zählt die so genannte Uni-Aktion „Kunst und Revolution", die heute sinnbildlich für die Chiffre 1968 in Österreich steht. Er wurde angeklagt und zu einer Haftstrafe verurteilt, der er sich durch seine Flucht nach West-Berlin entzog. 1970 führte er in München mit der „Zerreißprobe" die letzte Aktion durch und kehrte schließlich zur Zeichnung als Ausdrucksform zurück.

1979 kehrte Brus mit seiner Familie in die Steiermark zurück. Seine Haftstrafe war inzwischen in eine Geldstrafe umgewandelt worden. Mit Beginn der 1980er-Jahre wurde sein Werk in großen Ausstellung europaweit präsentiert. In Hamburg, Luzern und Graz wurde die Wanderausstellung „Günter Brus - Bild-Dichtungen" im Rahmen des „steirischen herbstes" gezeigt. Es folgten retrospektive Ausstellungen von Bern über London und Paris bis Wien - unter anderem 1986 die erste große Retrospektive „Der Überblick" im Museum des 20. Jahrhunderts, Wien, im Lenbachhaus München und in der Kunsthalle Düsseldorf, 1993 die Retrospektive „Sichtgrenze - Limité du visible" im Centre Georges Pompidou in Paris oder 2003 eine „Werkumkreisung" in der Albertina in Wien und der Neuen Galerie Graz. Schon sieben Jahre zuvor verlieh man ihm den Großen Österreichischen Staatspreis für Bildende Kunst.

Durch einen groß angelegten Sammlungsankauf konnte 2008 der Grundstein für ein eigenes Brus-Museum innerhalb der Neuen Galerie Graz gelegt werden. Das sogenannte „Bruseum" beinhaltet einen eigenen Sammlungs- und Forschungsschwerpunkt zu Leben und Werk des Künstlers. Der Künstler lebt seit 1979 in Graz. Sein Gesamtwerk wird auf rund 40.000 Zeichnungen geschätzt.

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