Groningen zählt zu den Partnerstädten von Graz. Seit 1964 bestehend, haben der ehemalige Grazer Bürgermeister Gustav Scherbaum und sein niederländischer Amtskollege Jan Tuin dazu maßgeblich beigetragen.
„Den Grundstein für die Städtefreundschaft mit der nordholländischen Stadt Groningen habe ich - so merkwürdig es klingen mag - mit 14 Jahren gelegt, als ich unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg mit vielen anderen österreichischen Kindern auf einige Monate nach Holland eingeladen wurde. Das holländische Fernsehen hat im Frühjahr 1963 gemeinsam mit dem österreichischen eine Sendung veranstaltet, in der über diese seinerzeitige Kinderhilfsaktion und über das spätere Leben einiger dieser Hollandkinder berichtet wurde. Aus diesem Anlass wurde ich vom holländischen Fernsehen nach Hilversum eingeladen, wo ich den Bürgermeister von Groningen, Herrn Tuin, kennenlernte. Wir beide haben damals vereinbart, eine engere freundschaftliche Verbindung zwischen unseren beiden Städten anzubahnen", wird Gustav Scherbaum zitiert.
Aktiver Austausch, lebendige Städtefreundschaft
Der Austausch mit Groningen ist auf unterschiedlichen Ebenen einer der intensivsten. So besteht etwa seit dem Schuljahr 2018/2019 die „Niederländische Schule Steiermark" in Graz (Niederländische Sprache und Kulturunterricht in der Steiermark) mit einem wöchentlichen Unterricht für Kinder im Alter von vier bis 14 Jahren mit niederländischem bzw. flämischem Hintergrund. Einmal pro Woche erhalten die Kinder zweistündigen Unterricht, ergänzt um Aufgaben, die zu Hause zu bearbeiten sind. Die Schule ist auch bei der niederländischen Dachorganisation NOB (Niederländischer Unterricht im Ausland) angeschlossen, unterliegt somit deren Qualitätslinien und wird auch von der niederländischen Schulinspektion überprüft. Mittlerweile bietet die Niederländische Schule Steiermark auch Kurse für Erwachsene an. Seit dem Start sind Ankelien van den Brink als Schulleiterin und Lehrerin sowie Deirdre List als Lehrerin aktiv.
Noch eindrucksvoll in Erinnerung wird vielen Grazer:innen der Besuch des niederländischen Königspaars in Graz sein: Am 29. Juni 2022 besuchten Willem-Alexander und seine Gattin Máxima, im Rahmen ihres Staatsbesuches in Österreich auch die steirische Landeshauptstadt. Der royale Besuch war vor allem dem Thema Mobilität gewidmet (Besuch des Hauptsitzes von AVL in Graz und Vorstellung der Radoffensive der Stadt Graz).
Erst kürzlich, Anfang April, besuchte eine Delegation unter der Leitung von Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (in Vertretung von Bürgermeisterin Elke Kahr) Groningen für einen Wissensaustausch in den Bereichen Stadtplanung, Architektur, Klima, Energie und Mobilität.
Seit Montag, 10. Juni 2024, ist nun eine Delegation aus Groningen zu Gast in Graz, um sich ebenfalls ein Bild von der Partnerstadt zu machen und Wissen auszutauschen: So ging es gleich zum Auftakt per Fahrrad durch die Stadt, um das Ergebnis der "Radoffensive" hautnah zu präsentieren. Baudirektor Bertram Werle und die Abteilungsvorstände Robert Wiener (Grünraum und Gewässer), Bernhard Inninger (Stadtentwicklung) und Wolfgang Feigl (Verkehrsplanung) präsentierten dabei ihre Zuständigkeitsbereiche. Der Dienstagnachmittag stand dann im Zeichen von Reininghaus. Bei einer Radrundfahrt durch den neu entwickelten Stadtteil lieferten Simone Reis und Bernd Schrunner vom zuständigen städtischen Management Informationen zu dessen Entwicklung und dem aktuellen Stand der Dinge.
Empfang im Rathaus
Das Abendprogramm für die Gäste aus Groningen bildete ein Empfang durch Bürgermeisterin Elke Kahr und Vizebürgermeisterin Judith Schwentner im Rathaus. Für die Organisation zeichnete die Abteilung für Kommunikation verantwortlich. Die Bürgermeisterin betonte, dass nicht jede Städtepartnerschaft so intensiv gelebt werde, wie jene zu Groningen und derzeit auch keine neuen geschlossen werden - Projektpartnerschaften ausgenommen: "Uns liegt es sehr am Herzen, dass eine solche Städtefreundschaft auch mit Leben erfüllt wird. Im Fall von Graz und Groningen gelingt uns das seit 1964 ganz vorbildlich." Und die Bürgermeisterin lernte bei dieser Gelegenheit auch den Verein der "Steierdutchies" kennen. Schmunzelnd gestand sie: "Ich habe gar nicht gewusst, dass es ihn gibt. Man lernt nie aus."
Aus dem Strahlen nicht mehr heraus kam Honorarkonsul Georg List, der den Besuch der Niederländer:innen begleitet. Er richtete Grußworte an die Gäste in beiden Sprachen und bedankte sich für den herzlichen Empfang im Gemeinderats- bzw. Stadtsenatssaal.
Spontan ergriff der Groninger Baudirektor, Bert Popken, das Wort: "Ich bin beeindruckt von Graz. Es ist eine sehr schöne Stadt", streute er Blumen. Ein erster Austausch zwischen ihm und seinem Grazer Amtskollegen Bertram Werle fand bereits vor fünf Wochen in Groningen statt. Er wird im Rahmen des aktuellen Besuches fortgesetzt.
Ausstellungseröffnung
Während heute entlang der Mur geradelt und ein Blick auf die städtischen Bäume geworfen wird, bildet die Eröffnung der Ausstellung "Bold city, brave decisions" (Mutige Stadt, mutige Entscheidungen) im Haus der Architektur den Abschluss des Besuchs. An dieser wird auch der niederländische Botschafter Peter Potman teilnehmen.