In Österreich macht sich der Klimawandel von Jahr zu Jahr stärker bemerkbar, wobei hier Städte besonders betroffen sind. Selbst mit den besten Klimaschutzmaßnahmen sind Auswirkungen bereits spürbar und unvermeidbar. Vor allem das gehäufte Auftreten von heißen Tagen und Hitzewellen stellt für die Bevölkerung nicht mehr nur eine reine Komfortfrage, sondern ein ernst zu nehmendes Gesundheitsrisiko dar. Der Handlungsbedarf für eine strukturelle Anpassung an den Klimawandel ist demnach dringend.
Erkenntnisse und Instrumente, die dazu beitragen, die Ausprägungen klimatischer Faktoren zu erfassen, um sie im nächsten Schritt durch planerische Maßnahmen gezielt positiv zu beeinflussen, spielen demnach eine große Rolle in der klimaverträglichen Planung und in der Anpassung an den Klimawandel. Ein zentrales Instrument in dieser Hinsicht stellen Klima- bzw. Stadtklimaanalysen dar. Mit dem KIS-Portal hat Graz eine elementare, dynamische, strategisch unverzichtbare Grundlage für klimarelevante Entscheidungen und Weichenstellungen geschaffen.
Vizebürgermeisterin Judith Schwentner:
„Klimawandel findet statt – die Auswirkungen sind für uns alle spürbar – Zunahme von Hitzetagen und Tropennächten, Extremwetterereignisse wie Starkregen, Hochwasser oder Trockenperioden. Wir stehen vor wachsenden Herausforderungen – Klimawandelanpassungen sind dringend notwendig und wir dürfen nicht davor zurückscheuen, mutige und auf Wissenschaft beruhende Entscheidungen zu treffen. Das neue Klimainformationssystem (KIS) liefert den Menschen in der Stadt wichtige Informationen über die klimatischen Zustände und Entwicklungen in ihrer unmittelbaren Umgebung und uns die Grundlagen, dass wir in der Politik die richtigen Maßnahmen im Sinne einer gesunden und lebenswerten Stadt setzen können."
Graz als Pionier in der Stadtklimaforschung
Die Stadt Graz kann zu vergleichbaren Städten in Mitteleuropa bereits auf eine lange Tradition in Bezug auf Stadtklimaforschung verweisen. Die erste umfassende Stadtklimaanalyse wurde im Jahr 1986 unter Mitwirkung der Stadt Graz erarbeitet. Die letzte flächendeckende stadtklimatische Datenerfassung und umfangreiche Analyse stammt allerdings aus dem Jahr 2011. Neben einer entsprechend dringenden Aktualisierung bietet der Aufbau eines innovativen Klimainformationssystems (KIS) elementare, dynamische, strategisch unverzichtbare und hochaufgelöste Grundlagen und Erkenntnisse für klimarelevante Entscheidungen und Weichenstellungen. Dabei soll sich das KIS nicht wie bisher nur auf die Stadt begrenzen, sondern auch große Teile des steirischen Zentralraums mitbetrachten.
Multifunktionale Nutzung des Klimainformationssystems
Herzstücke des KIS sind unter anderem die erstmalige flächendeckende Zusammenführung des Messnetzes sowie hochaufgelöste Tag- und Nacht-Thermalbefliegungen von Graz und Umgebung und arealsbezogene 3D-Thermalanalysen mittels Drohnenbefliegungen. Des Weiteren wurden Modellierungen von Zukunftsszenarien, des Windfelds und der Kaltluftproduktionsflächen von Graz und Umgebung durchgeführt. Ebenso wurde der Einfluss von Hitze auf die Gesundheit analysiert, aber auch Tools, wie zum Beispiel das Solarpotenzial über Dachflächen sowie laufend aktualisierte und räumlich hochaufgelöste Temperaturprognosen, haben im KIS Platz.
Nach der Aufbauphase des KIS wird durch die langfristige Überführung in einen operativen Betrieb ermöglicht, dass das KIS-Portal (Version 1.0) auch laufend aktualisiert, erweitert und optimiert werden kann.
Stadtbaudirektor Bertram Werle:
„Das KIS ist ein hervorragendes Instrument für die Grazer Stadtentwicklung. Denn nicht nur das Klima ist im Wandel, sondern auch die Stadt. Damit dieser Wandel klug, qualitätsvoll und nachhaltig vonstattengehen kann, braucht es objektivierte Daten. Wo ist es besonders heiß? Wie wirkt sich Begrünung auf die Umgebung aus? Wo und wie nutzen wir Flächen für klimafreundliche Energiegewinnung? Haben wir das Wissen, können wir die richtigen Entscheidungen treffen. Das KIS-Portal ist dafür ein zukunftstaugliches Werkzeug. Es wird ständig erweitert und optimiert, und wir können viele der Informationen bereits jetzt der Bevölkerung zur Verfügung stellen."
Elke Achleitner, Abteilungsleiterin Stadtvermessungsamt:
„Mit der Online-Schaltung des Klima-Informationssystems (KIS) haben wir das Ziel erreicht, wichtige Informationen, Grundlagen und Erkenntnisse leicht zugänglich für Entscheidungsträger:innen sowie interessierte Bürger:innen bereitzustellen. Das KIS ist dabei nicht statisch, es wird kontinuierlich erweitert, um klimarelevante Entscheidungen effizienter, präziser und qualitätsvoller treffen zu können."
Bernhard Inninger, Abteilungsleiter Stadtplanungsamt:
„Graz liegt in einem schwach durchlüfteten Becken. Daher interessieren wir Stadtplaner:innen uns für Frischluftschneisen und für Kaltluftproduktionsflächen. Wir versuchen, die komplexen Windsysteme und ihre Veränderungen im Lauf des Tages und Jahres immer besser zu versehen. Denn wir wollen in der Raumplanung und im Städtebau die richtigen Entscheidungen treffen, Vorzüge nutzen, keinen Schaden anrichten. Graz hat darin eine lange Tradition, wir sind Teil eines tollen Netzwerks der führenden Forschungseinrichtungen und Unternehmen und entwickeln das KIS laufend weiter. So sind heute beispielsweise Simulationen möglich, die noch vor wenigen Jahren wie Zukunftsmusik klangen. Und weil das Stadtklima nicht an der Stadtgrenze haltmacht, haben wir eine Ausweitung des KIS auf die gesamte Zentralregion angeregt, was sowohl den Nachbargemeinden als auch der Stadtbevölkerung zu Gute kommen wird."
Dominik Piringer, Stadtklimatologe und Mitglied der AG KIS:
„Das Klima-Informationssystem liefert uns Expert:innen erstmals eine präzise, hochaufgelöste Datengrundlage für klimarelevante Entscheidungen und Weichenstellungen in Graz. Auch die Grazer:innen selbst profitieren vom KIS, denn sie finden dort neben vielen anderen Daten auch hochgenaue Temperaturprognosen für die kommenden 30 Stunden und sehen auf einen Blick, wo es in der Stadt am kühlsten bzw. am wärmsten ist."
Nähere Infos und Details direkt im KIS-Portal