Psychische Erkrankungen gehen alle etwas an. Sie können jeden Menschen treffen, unabhängig von Alter, sozialem Status oder Geschlecht. Das Gesundheitsamt der Stadt Graz setzt deshalb die bestehende Kampagne zur Stärkung der seelischen Gesundheit neu auf - die neuen Plakatmotive sprechen so noch mehr Menschen an und zeigen, dass Graz eine Stadt für alle ist. „Seelische Gesundheit ist wie auch körperliche Gesundheit leider nicht selbstverständlich. Jeder Mensch kann von psychischen Problemen betroffen sein. Wir als Stadt fördern daher zahlreiche Einrichtungen, die Betroffene und Angehörige professionell dabei unterstützen, Lebensfreude, Stabilität und Zuversicht wiederzuerlangen", erläutert Eva Winter (Leiterin des Grazer Gesundheitsamtes).
Das Motto „Du bist nicht allein!" ist dabei eine klare Botschaft an aller Grazer:innen, dass sie bei psychischen Problemen Hilfe erhalten können. „Gemeinsam mit den Einrichtungen der psychosozialen Versorgung möchten wir ein Zeichen setzen für den Zusammenhalt in schwierigen Zeiten. Wir sind für die Menschen da und lassen niemanden mit seinen Problemen allein. Unsere Kampagne sensibilisiert für das Thema. Reden hilft und wir sprechen damit Betroffenen ebenso wie Angehörigen Mut zu", erklärt Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer.
Zentrales Anliegen der Kampagne
Zentrales Anliegen der Kampagne ist, die nach wie vor bestehenden Tabus zu brechen und die Bevölkerung zu ermutigen, offen über Erkrankungen der Seele zu reden. Dadurch erfolgt einerseits eine Sensibilisierung, andererseits erhalten die Grazer:innen Informationen und Kontakte zu allen Einrichtungen, die in diesem Gesundheitsbereich tätig sind und Hilfestellungen bieten.
Kerstin Benedek (BÖP - Berufsverband Österreichischer Psycholog:innen) erklärt dazu: "Krisen wie Corona, Kriege und Teuerung führen zu einem Anstieg von Angststörungen und Depressionen und zeigen uns klar auf, dass es keine Gesundheit ohne psychische Gesundheit gibt. Deshalb freut es uns ganz besonders, dass die Regierung den hohen Versorgungsbedarf erkannt hat und einen Meilenstein in Richtung leistbarer psychosozialer Versorgung für alle gesetzt hat. Denn seit 1.1. 2024 ist psychologische Behandlung in das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) aufgenommen und somit eine Kassenleistung. Wir hoffen, dass damit auch weit verbreitete Vorurteile, die bei den Betroffenen zu Scham und Angst vor Ausgrenzung führen, ebenfalls weniger werden. Deshalb möchten wir den Tag der seelischen Gesundheit für Aufklärung und Bewusstseinsbildung nutzen."
Ingrid Jagiello (STLP - Steirischer Landesverband für Psychotherapie) präzisiert mit einem Zitat des attischen Staatsmannes Perikles die Wirkmechanismen menschlicher Herangehensweisen: "Es ist nicht unsere Aufgabe, die Zukunft vorauszusagen, sondern auf sie gut vorbereitet zu sein."
Michaela Wambacher vom Verein Achterbahn hebt die Bedeutung von niederschwelligen Angeboten und Selbsthilfegruppen hervor: "Wir leben in einer sich rasant verändernden Welt mit zunehmenden Krisen, die es uns schwer machen, seelisch gesund zu bleiben. Ängste und finanzielle Sorgen, Zukunftspessimismus und Hoffnungslosigkeit in der Bevölkerung sind ein perfekter Nährboden für seelisches Leiden. Weil darüber reden hilft, sorgen wir von Achterbahn Steiermark dafür, dass bei unseren Selbsthilfegruppen in Graz und den 10 regionalen Stellen Menschen in unterschiedlichen seelischen Problemlagen die Gelegenheit haben, sich in gemütlicher Atmosphäre auszutauschen und mit ihren Sorgen nicht allein zu bleiben."
So unterstützt die Kampagne
Die Kampagne arbeitet mit Hörfunkspots, Videos, Social Media, Podcasts, Postkarten, Plakaten, Einschaltungen in Zeitungen, Informationsveranstaltungen, Filmvorführungen und Infoscreens. Dadurch kann ein Großteil der Grazer:innen erreicht werden. Max Mazelle (Leiter der Abteilung für Kommunikation) führt dazu aus: "Seelische Gesundheit ist ein unverzichtbarer Bestandteil für ein gesundes Leben und eine gesunde Gesellschaft. Als Stadt ist es unsere Aufgabe, die Voraussetzungen für seelische Gesundheit zu schaffen. Als Kommunikationsverantwortliche ist es dabei unser Anliegen umfassend zu informieren und so Tabus rund um psychische Probleme abzubauen."
Niederschwelliger Zugang zu Anbieter:innen und Gesundheitsdienstleister:innen
Die Kampagne seelische Gesundheit der Stadt Graz dient darüber hinaus dazu, die zahlreichen Angebote für die Seelische Gesundheit noch bekannter zu machen.
- Das Gesundheitsamt der Stadt Graz organisiert am Donnerstag, 24. Oktober 2024 eine Informationsveranstaltung zum Tag der seelischen Gesundheit. Diese wird von 15:00 bis 18:30 im Großen Saal der Arbeiterkammer Graz stattfinden. Bei dieser Gelegenheit wird die breite Palette an Einrichtungen der psychosozialen Versorgung in Graz sichtbar gemacht werden.
- Am 10. Oktober findet im '} in Kooperation mit BÖP, STLP und Verrückt! na und? zwei Filmvorführungen zum Thema Seelische Gesundheit statt. Um 8:30 Uhr findet die Schulvorstellung mit dem Film Die vier Könige statt, um 18:00 folgt der Film Systemsprenger. Anschließend findet eine Podiumsdiskussion zum Thema psychische Erkrankung am Arbeitsplatz statt.
- Beim Reden kommen die Leut" z'samm organisiert vom Verein Achterbahn und dem Gesundheitsamt der Stadt Graz ging heuer bereits in die 3. Runde! Am 26. September fand von 15 bis 18 Uhr das Informationsfest in gewohnter Art und Weise beim Café Zapo im Park in Graz statt! Bei der Veranstaltung erhielt man hilfreiche Tipps und Infos bei Vertretungen unterschiedlicher Einrichtungen aus der psychosozialen Versorgung. Dieses Jahr lag der Schwerpunkt auf dem reichhaltigen Angebot für Kinder, Jugendliche und Familien im Raum Graz.
- Mit Psychoanalyse im Park in Kooperation mit Ruth Neumeister startete im Juni im Grazer Augarten ein individuelles und kostenloses Angebot zur seelischen Gesundheit. Ohne Voranmeldung können Grazer:innen eine Sprechstunde in Anspruch nehmen. Psychoanalyse im Park ermöglicht ein erstes Kennenlernen von psychoanalytisch-psychotherapeutischem Herangehensweisen. Dieses Angebot nimmt damit auch eine Brückenfunktion ein, falls in der Folge weitere psychotherapeutische Maßnahmen für sinnvoll erachtet werden.
- Im Mai 2025 findete der Fellows Ride wieder in Graz statt. Unter dem Motto „Mit offenem Visier für Depressionshilfe" treffen sich Biker:innen zu einer gemeinsamen Motorrad-Ausfahrt, um auf die Volkskrankheit Depression aufmerksam zu machen. Nach der Begrüßung am Grazer Hauptplatz führt die Route quer durch die Steiermark bis nach Bad Gleichenberg. Dabei werden Spenden für den gemeinnützigen Verein Achterbahn gesammelt.
Professionelle Angebote in Graz
- Die Gesundheitsdrehscheibe Graz ist eine neue Beratungseinrichtung des Gesundheitsamts der Stadt Graz. Durch die zentrale Lage und die gute Erreichbarkeit baut die Stadt soziale und sprachliche Hürden im Gesundheitswesen ab. Die Mitarbeiter:innen helfen beim Zugang zum Medizinsystem, beim Management chronischer Erkrankungen und bei der persönlichen Gesundheitsvorsorge. Die Drehscheibe wirkt dadurch als niederschwellige Verbindung zwischen Allgemeinmediziner:innen, psychosozialen Einrichtungen und der lokalen Bevölkerung. Die Gesundheitsdrehscheibe bietet eine breite Palette von Angeboten zur Förderung der Gesundheit, die von der persönlichen Beratung, über Informationsveranstaltungen bis zur Weiterbegleitung zu Angeboten in Bereichen wie Kultur, Freizeit und Wohlbefinden reichen. Das Team besteht aus vier Pflegefachkräften als Community Nurses, einer Sozialarbeiterin, einer Psychotherapeutin und einer Physiotherapeutin. Zudem bestehen bereits zum Start Kooperationen mit ausgewählten Bereichen der Krankenversorgung, in denen das Team der Gesundheitsdrehscheibe gemeinsam mit der Gesellschaft für Seelische Gesundheit (GFSG), der Marienambulanz, der Pflegedrehscheibe, dem Verein Wegweiser zusammenarbeitet.
- Der Verdacht oder die Diagnose einer Demenzerkrankung geht mit vielen Fragen einher. Betroffene und Angehörige brauchen Orientierung. Sie müssen wissen, welche Schritte je nach Schweregrad der Erkrankung notwendig sind und wo man dann passende Hilfe in Graz finden kann. Das alles zeigt ein Ratgeber, der von der Steirischen Alzheimerhilfe SALZ und der Stadt Graz herausgeben wird. Dieser liegt nun in einer Neuauflage vor und ist jetzt wieder bestellbar. Der Wegweiser skizziert den wahrscheinlichen Verlauf der Erkrankung, zeigt passende Unterstützungsmöglichkeiten auf und will dadurch Handlungsmöglichkeiten für Betroffene und Angehörige sichtbar machen.
- Das Projekt Zuverdienst von pro mente Steiermark wird vom Sozialamt der Stadt Graz gefördert und bietet Menschen mit psychischen Erkrankungen stundenweise berufliche Teilhabe. So erhalten sie Struktur, ein Stück Sicherheit und können ihr Selbstwertgefühl wiederaufbauen. Personen mit psychischen Erkrankungen fällt es oft schwer, Anschluss zu finden oder einer geregelten Tätigkeit nachzugehen. Bis zu zwanzig Betroffene können drei bis sechs Stunden pro Woche in vier verschiedenen Betrieben von pro mente Steiermark arbeiten und erhalten dafür zehn Euro pro Stunde.
- Das Grazer Alterspsychiatrische Modell sieht vor, die bewährten, bereits bestehenden Strukturen noch mehr miteinander zu vernetzen, sie zu stärken und auszubauen. Eine wesentliche Rolle werden Präventionsmaßnahmen spielen. Besonders bei Demenzerkrankungen, aber auch bei allen anderen psychischen Erkrankungen im Alter ist dieser Zugang immens wichtig. Seit dem Jahr 2003 hat die Stadt Graz bereits zahlreiche wichtige Leuchtturmprojekte auf den Weg gebracht, die die alterspsychiatrische Versorgung garantieren. Dazu gehören die Pflegedrehscheibe, die Alterspsychiatrische Beratungsstelle, die mobile alterspsychiatrische Betreuung, die ehrenamtlichen Projekte PIA - „PartnerIn im Alter", Sopha und Stube - „Stundeweise Betreuung" sowie die Demenztagesstrukturen.
- Das Projekt Sopha der Gesellschaft zur Förderung seelischer Gesundheit GFSG bietet eine mobile gerontopsychiatrische Betreuung zu Hause bzw. im sozialen Umfeld der zu betreuenden Person. Ziel ist die Betreuung älterer Menschen mit sozialpsychiatrischen Problemstellungen durch Hausbesuche sowie die Entlastung des sozialen Netzwerkes, um den Verbleib in der gewohnten Wohnumgebung zu gewährleisten.
- Das Projekt StuBe bietet Angehörigen alterspsychiatrisch erkrankter Personen stundenweise Entlastung. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf Menschen mit Demenzerkrankungen. Betroffene Angehörige haben ein erhöhtes Risiko einer Co-Erkrankung, etwa in Form von Burn Out. Durch die stundenweise Betreuung können Angehörige Kraft tanken und Atem holen, während die Angehörigen auch weiterhin gut versorgt sind.
- PIA - PartnerIn im Alter ist ein 2010 gegründetes ehrenamtliches Projekt. Hier werden Menschen mit alterspsychiatrischen Erkrankungen betreut und das zum Teil über viele Jahre. Dadurch entstehen Freundschaften, soziale Isolation und Einsamkeit im Alter können vermieden werden. Die ehrenamtlich Tätigen sind dabei mit Erkrankungen, Einsamkeit, Ängsten, Endlichkeit etc. konfrontiert und entsprechend belastet, weshalb auch sie professionell begleitet werden.
- Das Seminar Erste Hilfe für die Seele von pro mente austria vermittelt Grundwissen zu psychischen Erkrankungen. Konkrete Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Problemen und Krisen werden erlernt und geübt. Teilnehmer:innen erhalten Basiswissen zu psychischer Gesundheit und Krankheit, lernen Erste Hilfe für psychische Gesundheit in fünf Schritten kennen und beschäftigen sich mit den häufigsten bzw. schwerwiegendsten psychischen Erkrankungen (Depression, Angststörungen, Psychose und Suchterkrankungen). Erste Hilfe bei Krisensituationen wird im Verlauf des Seminars ebenso besprochen und geübt, wie die Ansprache und Unterstützung von Menschen, bei denen sich erste Anzeichen einer psychischen Erkrankung zeigen. Das Gesundheitsamt stellt hier zwei Kurse, durchgeführt von pro mente Steiermark, für Angehörige und Betroffen zur Verfügung und ermöglicht so eine kostenlose Teilnahme.