Der Appell von Bürgermeisterin Elke Kahr im Rahmen des heutigen Pressegesprächs lautete ganz klar: "In die kostenlose Energieberatung kommen und seine Heizkostenrechnung kritisch hinterfragen und überprüfen lassen."
Mit einem umfangreichen Beratungsangebot steht das städtische Wohnungsamt allen Grazer:innen zur Seite, die in Wohnungsfragen Hilfe benötigen.
Seit über 40 Jahren gibt es die Wohnungsinformationsstelle (WOIST) der Stadt Graz. Alle - egal ob Mieter:innen, Vermieter:innen oder Hausbesitzer:innen - können hier auf fundiertes Fachwissen rund um das Thema Wohnen zugreifen. Durch die hohen Strom- und Heizkosten wurde das Angebot für kostenlose Energieberatung der Wohnungsinformationsstelle Anfang 2024 ausgebaut.
Expertinnen
„Wir bemerken, dass so viele Menschen wie noch nie zuvor Sorgen haben, ihre Wohnkosten zu bewältigen. Vor allem die hohen Heizkosten und Heizkosten Nachzahlungen, stellen viele Haushalte vor enorme Probleme.", sagt Bürgermeisterin Elke Kahr.
Barbara Horst und Juliane Tartler stehen in der Energieberatung mit ihrem Fachwissen zur Verfügung. Geboten wird unkomplizierte und kostenlose Hilfe bei Strom und Heizkostenabrechnungen sowie Beratung zu energiesparendem Verhalten und Geräten.
Rund 500 Energieberatungen werden im Jahr durchgeführt - Tendenz steigend. Dazu kommen noch zahlreiche Kurztelefonate.
schlechte Anlagenwirkungsgrade
Eines der Hauptprobleme der Menschen, die die Energieberatung in Anspruch nehmen, sind die Energiekosten - ganz im speziellen enorm hohe Heizkosten, die je nach Wohnung zwischen 60 und 80 Prozent der Energiekosten ausmachen. Viele der vorgelegten Heizkostenabrechnungen sind formal in Ordnung, stellen viele Grazer:innen aber aufgrund des derzeit hohen Energiepreisniveaus vor finanzielle Herausforderungen.
Im Rahmen der Beratungen bzw. Prüfungen von Heizkostenabrechnungen in Wohnobjekten sieht man immer wieder, dass es auch bei neueren Gebäuden sehr schlechte Anlagenwirkungsgrade gibt - sprich: die Verluste im Haus sehr hoch sind. Eigentlich sollte der Anlagenwirkungsgrad bei rund 80 Prozent liegen, in der Praxis stößt man aber immer wieder auf Anlagen die bei ca. 50 Prozent und darunter liegen. Das führt zu einem wesentlich höheren Energieverbrauch als z.B. im Energieausweis angegeben. Auch wenn der Energieausweis aufgrund der Standardisierung von Klimabedingungen und Innentemperaturen bzw. individuellem Nutzerverhalten nur sehr bedingt als Verbrauchsprognose geeignet ist, lassen große Abweichungen auf einen ineffizienten Anlagenbetrieb schließen.
Warmwasser
Auch bei (vor allem großen) Objekten mit zentraler Warmwasserbereitung gibt es immer wieder hohe Verluste, die am Ende finanziell von den Mieter:innen getragen werden müssen.
Hier wären eine gesetzliche Mindestanforderung des Anlagenwirkungsgrades und eine Verpflichtung zur periodischen Ausweisung des Wirkungsgrades wünschenswert. Verankern könnte man das im Heizkostenabrechnungsgesetz z.B. §7 Maßnahmen zur sparsameren Nutzung von Energie oder im Förderwesen (Neubau und Sanierung).
Auch sogenannte Einrohrheizungen in Kombination mit neuen elektronischen Heizkostenverteilern sorgen für ein Ungleichgewicht bei der Aufteilung der Heizkosten in Wohnobjekten. Bei solchen meist sehr ineffizienten Heizungssystemen wird oft nur ein geringer Anteil der Energie über die Heizkörper abgegeben. Wird nun nur dieser Anteil gemessen und verteilt, hat das mit der tatsächlich bezogenen Wärme nur wenig zu tun und führt zu sehr ungerechten Aufteilungen.
„Beispielsweise haben wir in solchen Wohnobjekten in normal beheizten Wohnungen jährliche Heizkosten von € 5.900.- für eine 60m² bzw. € 6.970.- für eine 80m²-Wohnung. In beiden Fällen bemühen wir uns aktuell um eine Lösung", schildern Barbara Horst und Juliane Tartler.
Abrechnungsfirmen
Viele Mieter:innen haben zusätzlich, zu den ohnehin schon hohen Energiepreisen und den bereits erwähnten Themen, auch Probleme mit externen Abrechnungsfirmen - sogenannten Direktverrechnern - die Hausbesitzer:innen oder Hausverwaltungen einschalten, wenn sie die Rechnungslegung selbst nicht vornehmen wollen. Die Kosten dafür werden an Mieter:innen weiter gegeben. Passieren Fehler, ist es oftmals nicht möglich innerhalb einer angemessenen Zeitspanne einen Ansprechpartner zu erreichen oder eine Klarstellung zu erwirken. Im Falle von Nachzahlungen gibt es nicht immer die Möglichkeit der Ratenzahlung.
Falsche Aufteilung zwischen Heizung und Warmwasser, Verrechnung von Leerständen und weitere Fehler in Abrechnungen führen nach deren Aufklärung immer wieder zu Rückverrechnungen von oft namhaften Beträgen.
In einem Fall wurde die Stromrechnung eines Betriebes als „Pumpenstrom" mit der Heizkostenabrechnung mit abgerechnet. Letztendlich konnte mit Hilfe eines Schlichtungsstellenantrages die Korrektur der Abrechnung durchgesetzt werden - einem jungen Pärchen werden nun 750 Euro, im gesamten Haus 5.420 Euro rückerstattet.
Wünschenswert wäre hier eine gesetzliche Mindest-Qualitätssicherung bzw. ein Mindest-Qualitätsstandard den Abrechnungsfirmen erfüllen müssen, um Fehler zu vermeiden sowie die Verpflichtung, innerhalb vorgegebener Fristen sachliche Auskünfte zu erteilen und Berechnungsgrundlagen offen zu legen. Zusätzlich braucht es eine Handlungsverpflichtung bei schlechten Wirkungsgraden - etwa in Form einer Hinweispflicht an Anlagenbetreiber, dass ein schlechter Wirkungsgrad besteht und die Verbräuche nicht plausibel sind.
Worauf muss man achten?
Bei der eigenen Heizkostenabrechnung kann man überprüfen, ob die Kosten „im Rahmen" sind. Neuere oder bereits sanierte Gebäude sollten mit Heizkosten von 50 Cent bis 1,50 Euro/m² und Monat das Auslangen finden, bei älteren Objekten sollten es maximal 2,50 Euro/m² sein. Erfolgt die Warmwasserbereitung mit der Heizung, kommen pro Person 150-200 EUR pro Jahr dazu.
Liegt man über diesen Werten, ist es sinnvoll, seine Gewohnheiten zu überprüfen bzw. die Abrechnung einer genaueren Prüfung zu unterziehen. Ein erster Schritt besteht dann darin, Einsicht in die der Abrechnung zugrundeliegenden Belege zu nehmen. Gibt es dann noch offenen Fragen kann man sich an die Wohnungsinformationsstelle wenden.
Informationen und Beratungstermine erhält man unter: graz.at/woist bzw. 0316 / 872-DW 5454 oder 5448