Kraftort der Nächstenliebe
Die Bahnhofsmission am Grazer Hauptbahnhof wurde in den 1990er-Jahren geschlossen. Am Beginn des heurigen Jahres eröffnete die Caritas Steiermark sie wieder als Pop-up im Rahmen ihres 100-Jahr-Jubiläums. Heute fand man sich wieder an der Adresse Europplatz 12 (gegenüber der Post) ein, um die Bahnhofmission als fixes Tageszentrum mit niederschwelligem Zugang und vielen kostenlosen Angeboten zu eröffnen. Die Stadt Graz und die Caritas Steiermark machen hier vorbildlich gemeinsame Sache: Die Stadt unterstützt mit 460.000 Euro pro Jahr an Förderungen aus dem Budget des Sozialamts und die Caritas stellt Infrastruktur, Personal etc. vor Ort bereit: Und so können Jakob Url und sein Team, bestehend aus amtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen nun täglich von 9 bis 17 Uhr bis zu 70 Personen begrüßen, sie mit Getränken, einer kleinen Mahlzeit, einladenden Räumlichkeiten, vor allem aber mit offenen Ohren und Herzen versorgen.
Bei der heutigen offiziellen Eröffnung betonte Caritasdirektorin Nora Tödtling-Musenbichler: "Wir haben schon gewusst, dass der Bedarf da ist, aber dass dieser Kraftort der Nächstenliebe so gut angenommern wird, das hat uns überrascht und natürlich sehr gefreut."
Bürgermeisterin Elke Kahr, die die Geschichte der Bahnhofsmission schon lange verfolgt, war es immer ein Anliegen, sie als Einrichtung wiedereröffnen zu können: "Ich freue mich riesig, dass die Einrichtung nun auf zehn Jahre gesichert ist und damit ein Platz zum Wohlfühlen, Mutschöpfen, sich Ausrasten und für Beratung geschaffen werden konnte. Es braucht solche Räumlichkeiten in unserer Stadt ganz dringend."
Von eben diesen war die Leiterin des städtischen Sozialamtes, Andrea Fink, heute total beeindruckt: "Das hat einen Wow-Effekt bei mir ausgelöst. Wie man so viel schaffen kann trotz Hindernissen, die wir allesamt aus dem Weg geräumt haben." Mit der Bahnhofsmission als fixe Einrichtung sei ein Lückenschluss gelungen, ein Ort geschaffen worden, an dem sich Menschen in unterschiedlichsten Lebenslagen auch tagsüber aufhalten können.
Alter Name, modernes Zentrum
"Hausherr" Jakob Url und seine Helfer:innen hatten das gesamte Wochenende über fleißig gearbeitet, um die Eröffnung am heutigen Tag zu ermöglichen. Doch auch schon während der Vorbereitungen waren zahlreiche Gäste hereingekommen, um das Treiben mitzuverfolgen: "Wir wollten so schnell wie möglich aufsperren. Es wird noch bunter hier und den Namen haben wir beibehalten, weil man uns unter diesem kennt. Alter Name, modernes Tageszentrum." Die Hilfsbereitschaft sei generell vom ersten Tag an enorm gewesen: "Wir sind aber auch weiterhin für Spenden in Form von Bekleidung, Nahrungsmitteln und mehr dankbar. Wer direkt bei uns mitarbeiten möchte, kann gerne einmal zum Schnuppern kommen."
Die erste Frage, die Url und sein Team den Hereinkommenden stellen, hat sich auch während der vergangenen Monate bewährt: "Tee oder Kaffee?" Kein warum, wieso und weshalb. "Viele Menschen lernen wir erst nach Wochen kennen, sie öffnen sich spät, andere plaudern gerne, brauchen Informationen oder einfach nur ein offenes Ohr. Möglichkeiten, sich auszurasten, zu waschen oder seine persönlichen Dinge sicher in einem verschließbaren Spint aufzubewahren, all das bieten wir hier bei uns. Neu ist auch ein Frauenschutzraum."