Exakt an ihrem heutigen 77. Geburtstag wurde die ehemalige Frauenministerin und Grazer Stadträtin Helga Konrad mit einer Gedenkveranstaltung im Gemeinderatssaal des Rathauses geehrt. In der Mitte der Regierungsbank war ein großes Porträt der Politikerin, die im vergangenen Oktober verstarb, platziert. SP-Gemeinderätin Anna Robosch begrüßte die zahlreich erschienenen Gäste stellvertretend für Bürgermeisterin Elke Kahr und Vizebürgermeisterin Judith Schwentner, die beide krankheitsbedingt nicht anwesend sein konnten. "Helga war stets nur eine WhatsApp-Nachricht entfernt und hat mich immer in meinem Tun bestärkt", erzählt Robosch ihre persönlichen Erinnerungen an Helga Konrad. "Als junge Feministin habe ich mir beim Blick auf ihre Biografie voller Respekt gedacht, wie man so viel schaffen kann." So wie Robosch ging es wohl vielen, die Konrad näher kannten. Ihr frauenpolitisches Vermächtnis wirkt in die Gegenwart und Zukunft hinein.
Helga Konrad kam am 10. Jänner 1948 in Graz zur Welt und studierte Romanistik und Anglistik in ihrer Heimatstadt sowie an der Sorbonne in Paris. Sie promovierte 1975 und war von 1977 bis 1980 Referentin in der Bildungsabteilung der steirischen Arbeiterkammer. Anschließend wechselte sie ins Kulturmanagement und leitete von 1980 bis 1993 als Geschäftsführerin die Steirische Kulturinitiative in Graz.
In dieser Zeit begann auch das politische Engagement Konrads. „Ich habe erkannt, dass ich mich, wenn ich nicht nur Kulturveranstalterin sein will, politisch engagieren muss", erklärte Konrad ihren Entschluss. Ein politischer Schwerpunkt wurde sehr bald die Frauenpolitik. „Frauenpolitik ist kein Minderheitenthema, Frauenpolitik ist Demokratiepolitik," war ihr feministisches Credo.
1987 wurde sie Gemeinderätin, 1993 Grazer Stadträtin. 1991 erfolgte die Wahl zur Landesfrauenvorsitzenden der SPÖ Steiermark - bis 1997. 1995 wurde Konrad zur Bundesfrauenvorsitzenden gewählt. Dem Nationalrat gehörte sie bereits von 1990-1993 an. Zur Bundesministerin für Frauenangelegenheiten ernannte man sie 1995. Diese Position hatte sie mit einer einmonatigen Unterbrechung als Ministerin ohne Portefeuille (1996) bis 1997 inne.
Mit ihrer vieldiskutierten Kampagne "halbe/halbe", mit dem Ziel, partnerschaftliche Teilung von Care-Arbeit durch gesetzliche Maßnahmen festzulegen, hat sich Helga Konrad einen Namen gemacht.
Die Kampagne startete im Dezember 1996, um das Bewusstsein bei der Bevölkerung zu stärken, dass ein partnerschaftliches Miteinander in Familie und Haushalt nicht nur mehr Sinn, sondern auch mehr Spaß macht - und schließlich zu einer gerechteren Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit führt. Die TV- und Kino-Spots entstanden unter der Regie der deutschen Regisseurin und Filmemacherin Doris Dörrie und wurden von Demner, Merlicek & Bergmann in Kooperation mit Pro & Co Public Relations realisiert.
Eine ganz besondere Person
Auch einige Wegbegleiterin Konrads traten ans Rednerpult: Bundesministerin a.D. Heidrun Silhavy, Anna Sporrer (Juristin im ehemaligen Büro Konrads), Constanze Kren (Sektionschefin im Bundesministerium für Justiz und mit Konrad bei der UN-Frauenkonferenz in Peking), Elisabeth Rosenmayr (ehemalige Pressereferentin Konrads).
Anekdoten aus der Zusammenarbeit und der Freundschaft mit Helga Konrad lieferten die aktuelle Leiterin des Frauenreferats Doris Kirschner sowie Vasiliki Argyropoulos vom Amt für Jugend und Familie. Vasiliki war auch die Leiterin des ersten Frauenreferats, das Konrad initiiert hatte. "Sie war in Summe eine ganz besondere Person", streute Argyropoulos ihrer ehemaligen Chefin Rosen. "Sie war eine unermüdliche Arbeiterin und ein sprudelnder Quell an Ideen."
Sandra Koczuvan (aus dem Kulturbereich), Anita Adamiczek und Sylvia Groth (Frauengesundheitszentrum) kamen ebenfalls zu Wort.
Eine offene Diskussion zu Ende der Veranstaltung leitete Anna Majcan, die Geschäftsführerin des Grazer Frauenrats. Als Schlussakkord stimmte man gemeinsam "Brot und Rosen" an.