

Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März lud Bürgermeisterin und Frauenstadträtin Elke Kahr gemeinsam mit Doris Kirschner, Leiterin des Referats Frauen & Gleichstellung, Bernadette Pöcheim, AK-Leiterin der Abteilung Frauen & Gleichstellung, sowie Tina Kopinits, Leiterin Lerncafés & Lernbars Steiermark und dreifache Mutter zu einer Pressekonferenz ins Rathaus. "Das neue Regierungsprogramm des Bundes will Frauen in Vollzeitjobs bringen. Dass sich das aber nicht ausgehen kann, wenn sich am traditionellen Rollenbild von Frauen, die nach wie vor landläufig für Kinderbetreuung, Haushalt, häusliche Pflege usw. hauptverantwortlich gemacht werden, nichts ändert, liegt auf der Hand. Die Verantwortung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird nach wie vor meist den Frauen überlassen. Die Folgen sind Teilzeitarbeit, geringeres Lebenseinkommen sowie eine aktuell um 40 Prozent geringere Pension von Frauen", brachte die Grazer Bürgermeisterin die Situation der Frauen auf den Punkt und betonte: „Frauen sind heute immer besser ausgebildet, Frauen zeigen auch zunehmend Mut, untypische Berufe zu ergreifen. Trotzdem gelten Frauen häufig als billige Arbeitskräfte. Die Lohnungleichheiten zwischen Männern und Frauen müssen aufgehoben werden."
Hin zur wirtschaftlichen Selbstständigkeit

Pöcheim verwies darauf, dass im Bereich der Kinderbetreuung nach wie vor großer Nachholbedarf bestehe. Es könne nicht sein, dass Einrichtungen um 13 Uhr schließen würden oder den ganzen Sommer über nicht verfügbar seien. „Die AK fordert ein Bundesrahmengesetz, damit die Kinderbetreuung so ausgestaltet wird, dass sie Berufstätigkeit ermöglicht", so Pöcheim. Dass es bei der partnerschaftlichen Teilung der Care-Arbeit noch großen Nachholbedarf gibt, erörterte sie anhand einiger Zahlen im Bereich der Pflege und stellte ein von AK und ÖGB erarbeitetes mögliches Familienarbeitszeitmodell vor: Wenn beide Elternteile in Elternteilzeit (zwischen 28 und 32 Stunden) arbeiten, sollten sie für diesen Zeitraum je eine Ausgleichszahlung von 350 Euro bekommen. Pöcheim appellierte außerdem an die Frauen: „Die soziale Absicherung und die wirtschaftliche Selbstständigkeit müssen uns Frauen genauso wichtig sein wie Familie, Mann und Kinder!" Ihre Erfahrung zeige, dass bei Scheidungen Unterhalt in der Regel meist nur mehr für Kinder bezahlt werde.
Leistungsportfolio der Stadt Graz

Kirschner verwies ihrerseits auf die gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen als Mittel der Gewaltprävention: „Wenn Frauen ökonomisch unabhängig sind, können sie eine Gewaltbeziehung leichter vermeiden bzw. verlassen." Die Leistungen des Referats Frauen & Gleichstellung sind vielfältig. So setzt man auf Information in den sozialen Medien, es gibt einen jährlich aktualisierten Frauenbericht sowie Aktionen anlässlich des Equal Pay Day und des Equal Pension Day. „Letzterer ist 2024 auf den 6. August gefallen, das heißt, dass Männer an diesem Tag bereits Pensionseinkünfte in der Höhe bekommen haben, die Frauen erst mit Ende des Jahres bekommen", so Kirschner. Der vollzeit-bereinigte Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen betrug im Vorjahr in Graz 14,3 Prozent. Die Förderung von Beratungseinrichtungen, der Girl's Day, die Initiative „FRiTZi bringt's" mit wichtigen Informationen für Frauen in Parks, Wohnanlagen und an öffentlichen Plätzen sind weitere Maßnahmen, die Frauen in Graz unterstützen. Zudem macht man auch heuer wieder mit Botschaften am Grazer Hauptplatz auf den Internationalen Frauentag aufmerksam.
Vorzeigebeispiel in pucto Care-Arbeit

Ein Beispiel, wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gelingen kann, brachte Kopinits. Die Leiterin der Lerncafés und Lernbars der Caritas in der Steiermark ist selbst dreifache Mutter. Die Karenzzeit von jeweils rund acht Monaten haben sich ihr Partner und sie aufgeteilt. Kopinits hob die Vorzüge dieser Aufteilung hervor: „Beide Elternteile kennen beide Rollen, die berufliche wie die als Elternteil, beide kennen die jeweils damit verbundene Arbeit, Sorgearbeit, Arzttermine, Haushalt usw. Daraus ergeben sich gute Gespräche auf Augenhöhe." Wer Sorgearbeit habe, habe den anstrengenderen Arbeitstag und müsse erst einmal eine Stunde entlastet werden, wenn der andere heimkomme. Darin seien sie und ihr Partner sich einig. Eine gute Vereinbarung von jeweils längeren und kürzeren Arbeitstagen beider mache Sinn. „Dann ist auch eine Führungsposition kein Problem", so Kopinits und zählte weitere Vorteile auf: „Die Eltern-Kind-Beziehung profitiert davon stark. Darüber hinaus sind Eltern Vorbilder für ihre Kinder. Diese sehen, dass weder die alleinige Verantwortung für Haushalt und Sorgearbeit bei der Mutter noch die alleinige finanzielle Verantwortung beim Vater liegt."
„Wir brauchen Vorbilder", betonte auch die Bürgermeisterin. „Wenn man etwas vorlebt, hilft es mit, dass sich auch die Gesellschaft ändert." Dank AK, Gewerkschaft und der Arbeiterinnenbewegung sei für Frauen schon viel erreicht worden. Aber man müsse auf der Hut sein und alles tun, damit bereits erzielte Errungenschaften nicht wieder verlorengehen würden. „Denn eines kann man sagen: Die Stellung von Frauen in einer Gesellschaft ist der Maßstab dafür, wie fortschrittlich die Gesellschaft insgesamt ist", ist die Bürgermeisterin überzeugt. Dabei sei es auch besonders wichtig, Frauen aus anderen Gesellschaften gut mitzunehmen.