
"Do you trust me?" "Vertrauen Sie mir?" Diese Frage setzt die blonde, junge Frau mitten in den Raum. Sie spricht vorwiegend in Englisch mit dem Publikum. Dann fragt sie: "Ist ein Fritz anwesend?" Es war kein Fritz anwesend. Nicht einmal ein Friedrich. Aber ein Ferdinand. Und der übernahm die Aufgabe, aus einem auf der Bühne platzierten schwarzen Kühlschrank Moderationskarten zu nehmen und diese an Lori Baldwin zu übergeben. Er durfte sich dann gleich wieder setzen und die preisgekrönte interdisziplinäre Künstlerin, Kreativdirektorin und Strategin beginnt die Begrüßung der Festival-Gäste in deutscher Sprache. Ihr amerikanischer Akzent schlägt dabei stets charmant durch.
Eröffnung des Elevate Festivals in Graz. Im Orpheum. Natürlich keine gewöhnliche Veranstaltung.
Grande Dame Suzanne Ciani

Bis einschließlich Sonntag, 9. März 2025, verwandelt die 21. Ausgabe des legendären Festivals Graz an 13 Standorten in eine Bühne für eine traditionell experimentelle Mischung aus Musik, politischen Diskursen und Kunst - weit mehr als ein Festival für elektronische Musik. Bereits heute am Vormittag starteten die Vorträge im Heimatsaal. Es wird zudem Podiumsdiskussionen und Workshops zu zeitrelevanten Themen wie Perspektiven in Zeiten des Klimawandels, Künstliche Intelligenz, Netzpolitik im Zeichen von Fake News, Feminismus oder dem Nahostkonflikt geben. Dazu hat das Team rund um Irina Nalis und Bernhard Steirer hochkarätige Keyspeaker:innen und Künstler:innen in die Landeshauptstadt geholt. Und endlich gelang es den Organisator:innen, eine ganz Große zu "angeln": Suzanne Ciani. US-amerikanische Musikerin, Sounddesignerin, Komponistin und Labelmanagerin, die in den 1970er Jahren frühe Erfolge mit ihrer innovativen elektronischen Musik und mit Soundeffekten für Filme und Fernsehwerbung feiern konnte. Ihre Musik verwendet häufig Quadrofonie, und Ciani wurde bei den Grammy Awards gleich fünfmal für das Best New-Age-Album nominiert. Auf der Orpheum-Bühne präsentierte sich die "Grande dame" unprätenziös: "Ich bin eine Komponistin, ein weiblicher Komponist, dafür gab es keine offenen Türen. Aber ich brauchte kein Mann zu sein, um meinen Weg zu gehen."
Kommunalpolitik, Krautrock und gute Unterhaltung

Seitens der Stadt Graz begrüßte Bürgermeisterin Elke Kahr die Festival-Gäste und wurde von Lori Baldwin nach dem Reiz, in der kommunalen Politik tätig zu sein, gefragt: "Ich bin ein basisorientierter Mensch seit rund vierzig Jahren. Neben den Inhalten ist mir der tägliche Austausch mit den Menschen besonders wichtig, das direkte Verhältnis zu ihnen, das macht Kommunalpolitik so reizvoll."
Neben neuen Festival-Spielstätten wie den Minoriten wird besonders die Rave-Veranstaltung am Samstag, 8. März, in der Helmut-List-Halle, für Bewegung sorgen. Dort werden rund 2.000 Gäste erwartet. Bürgermeisterin Kahr zeigte sich vom Auftritt des 90-jährigen Joachim Roedelius begeistert: "Da wäre ich gerne dabei, bin allerdings schon anderwärtig verpflichtet." Roedelius gilt als eine der Kultfiguren des Krautrocks. Brian Eno arbeitete mit ihm, David Bowie, selbst die Red Hot Chili Peppers haben sich auf ihn berufen. Der deutsche Musiker und Komponist wurde vor allem durch seine Arbeit mit den einflussreichen Gruppen Cluster und Harmonia bekannt. Im Laufe seiner jahrzehntelangen Karriere hat Roedelius außerdem mit Künstlern wie Michael Rother und Tim Story zusammengearbeitet und dabei einen unverwechselbaren Stil entwickelt, der Intuition und Emotionalität in den Mittelpunkt stellt.
Bürgermeisterin Kahr wünschte für das Festival einen guten Verlauf, spannende Diskurse und vor allem: "Gute Unterhaltung."