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Gegen Gewalt an Kindern: Mutmacher und 10 Jahre Bereitschaftsdienst

17.03.2025
v.l. Helmut Sixt (Leiter Bereitschaftsdienst im Amt für Jugend und Familie), Ingrid Krammer (Abteilungsleiterin Amt für Jugend und Familie), Bildungs-, Jugend- und Familienstadtrat Kurt Hohensinner
v.l. Helmut Sixt (Leiter Bereitschaftsdienst im Amt für Jugend und Familie), Ingrid Krammer (Abteilungsleiterin Amt für Jugend und Familie), Bildungs-, Jugend- und Familienstadtrat Kurt Hohensinner© Stadt Graz/Fischer

Kinderschutz gelingt am Besten in Kooperation

Vor mehr als 30 Jahren, am 20. November 1989, wurde von der UNO die Konvention über die Rechte des Kindes beschlossen. Dieses Übereinkommen sichert jedem Kind grundlegende politische, soziale, ökonomische, kulturelle und bürgerliche Rechte zu. Ebenfalls im Jahr 1989 wurde in Österreich Gewalt in der Erziehung verboten. "Trotzdem gehört das Thema Gewalt in der Familie leider nicht der Vergangenheit an. Nach wie vor sind manche Kinder von Gewalt in der Familie oder in ihrem Umfeld betroffen. Diese kommt dabei in allen Altersstufen, Kulturen und sozialen Bevölkerungsgruppen vor", weiß Bildungs-, Jugend- und Familienstadtrat Kurt Hohensinner.

Kinderschutz ist ein zentrales Anliegen jeder Gesellschaft, da Kinder zu den verletzlichsten Mitgliedern zählen und besonderen Schutz benötigen. Der Schutz vor Missbrauch, Vernachlässigung und Ausbeutung ist entscheidend für die körperliche, emotionale und geistige Entwicklung von Kindern. "Ein sicheres und unterstützendes Umfeld ermöglicht es Kindern, ihr volles Potenzial zu entfalten und ein gesundes, glückliches Leben zu führen", so Hohensinner weiter.

Projekt Mutmacher: Mut, familiäre Gewalt anzusprechen

Vor diesem Hintergrund wurde im Jahr 2020 von der Stadt Graz die Kampagne "Mutmacher" entwickelt und umgesetzt. Mit kleinen, kuscheligen Wesen, den sogenannten Mutmachern, sollen Kinder ermutigt werden, über erlebte Gewalt zu reden und die Grazerinnen und Grazer für den Kinderschutz sensibilisiert werden. Damit geht das Erfolgsprojekt heuer in seine 6. Auflage. "Das Projekt ist heute wichtiger denn je", betont Hohensinner, "ein Blick in die Zahlen zeigt, dass diese nach wie vor besorgniserregend sind. Seit Jahren verzeichnen wir steigende Zahlen bei den Meldungen. Gut die Hälfte mündet in eine so genannte Gefährdungsabklärung. Auch bei diesen gibt es im Vergleich zum Vorjahr eine weitere Steigerung um knapp 8 Prozent. Die Zahlen für Betretungsverbote in Familien mit minderjährigen Kindern sind hingegen erfreulicherweise auf das Niveau vor 2021 gesunken.

2019 2020 2021 2022 2023 2024
Betretungsverbote 104 156 207 216 244 194
Meldungen 945 1.010 1.051 1.116 1.311 1.461
Gefährdungsabklärungen 569 542 578 625 639 689

16.000 Kindern Mut gemacht

Seit Beginn der Kampagne wurden mehr als 16.000 Mutmacher:innen an Grazer Volksschulen ausgegeben. Für Abteilungsleiterin Ingrid Krammer ist die Initiative ein wichtiges Vernetzungsprojekt des Amtes für Jugend und Familie: "Kooperation ist eines der zentralen Prinzipien in unserer fachlichen Arbeit, denn soziale Arbeit gelingt nur im Miteinander. Die enge Zusammenarbeit der Kinder- und Jugendhilfe mit Eltern, Schulen, Kinderbetreuungseinrichtungen, Ärzt:innen und vielen anderen Partner:innen entscheidet maßgeblich darüber, wie gut Familien beim Kinderschutz unterstützt werden können." So wird auch die Mutmacher-Kampagne in Kooperation mit der Abteilung für Bildung und Integration durchgeführt. In den kommenden Wochen werden wieder rund 2.500 Mutmacher an alle Grazer Kinder in den 3. Klassen der Volksschulen verteilt.

Die Mutmacher werden von den drei sozialökonomischen Betrieben tag.werk, Jugend am Werk und heidenspass produziert. Nachdem sie aus Stoffresten gefertigt werden, haben alle ein (beinahe) einzigartiges Aussehen. "Wir wollen ein starkes Zeichen gegen Gewalt an Kindern setzen. Gleichzeitig war uns wichtig, dass die Mutmacher auch eine positive Bedeutung für die Kinder haben und ein liebevoller Begleiter für sie und ihre Familien sind", erklärt Hohensinner, "Mut braucht man in vielen Situationen: Vor Schularbeiten, schwierigen Entscheidungen oder wenn es eben darum geht Dinge anzusprechen. Genau dann können sich die Kinder an ihre Mutmacher wenden." Als Patronanz für die Initiative fungieren seit Beginn die beiden Klinikvorstände Ernst Eber (Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde) und Holger Till (Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie). Stellvertretend für die Grazer Kinderschutz-Einrichtungen wird die Kampagne vom Kinderschutz-Zentrum Graz begleitet.

10 Jahre Bereitschaftsdienst im Amt für Jugend und Familie: Mut, sich zu melden

Familien in Krisenzeiten zu unterstützen - so lautet der Auftrag des Bereitschaftsdienstes im Amt für Jugend und Familie der Stadt Graz. Im Fall möglicher Gewalt gegen Kinder ist der Bereitschaftsdienst der zentrale Ansprechpartner. 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr ist man für Kinder und Familien da, wie Leiter Helmut Sixt betont: "Familiäre Krisen und Notlagen von Kindern und Jugendlichen finden nicht nur zu den üblichen Öffnungszeiten statt. Sie passieren häufig dann, wenn alle zu Hause sind, also am Abend, in der Nacht und am Wochenende. Daher ist der Bereitschaftsdienst rund um die Uhr gut erreichbar - für Familien, für Schulen und alle anderen Partner im Kinderschutz."

Der Bereitschaftsdienst lebt von einem guten Miteinander mit vielen Einrichtungen: Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Polizeistationen und viele andere mehr, die sich mit Kindern und Jugendlichen beschäftigen.  Tagtäglich gehen zahlreiche Anrufe zu den unterschiedlichsten Themen beim Team ein. "Die Einrichtung des Bereitschaftsdienstes im Amt für Jugend und Familie vor zehn Jahren war ein großer Meilenstein für den Kinderschutz in unserer Stadt", weiß Jugend- und Familienstadtrat Kurt Hohensinner. Die besondere Bedeutung zeigen auch die Kennzahlen der vergangenen 10 Jahre: So wurden etwa seit 2015 rund 7.316 Meldungen bearbeitet. Es gab über 10.000 Informationsweitergaben, also rund 1.000 pro Jahr. 8.525 Beratungen wurden durchgeführt, also im Schnitt 850 pro Jahr. Rund 2.400 Kontakte fanden in der Nacht-, Wochenend- und Feiertagsbereitschaft statt.

Diese Zahlen zeigen sehr gut, dass Kinderschutz nie Pause macht. Ganz wesentlich ist, dass die Unterstützungskette durch die Kinder- und Jugendhilfe aktiviert wird. "Lehrerinnen sind aufgrund ihrer täglichen Kontakte wichtige Bezugspersonen für Kinder; Lehrkräfte nehmen oft selbst ein Verhalten an einem Kind wahr, das Anlass zur Sorge gibt und vieles wird ihnen auch von Kindern erzählt. Der Schritt einer Gefährdungsmeldung ist nie einfach, da Lehrkräfte wissen, dass es damit häufig vorerst zu Unruhe in der Familie kommt und möglicherweise auch das Vertrauen der Familie in die Schule gefährdet werden kann. Nichtsdestotrotz müssen sich Lehrerinnen und Lehrer bei Hinweisen auf eine Gefährdung an uns in der Kinder- und Jugendhilfe wenden, denn es geht um den Kinderschutz. Der Bereitschaftsdienst bietet daher Lehrerinnen und Lehrern auch schon im Vorfeld einer Meldung an, sich gemeinsam mit uns über die weitere Vorgehensweise auszutauschen", so Sixt.

Michael Wildling

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